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D. Die Topographie.
Man beansprucht von einer fertigen Meßtischaufnahme in
1 : 25 000, daß man sich bei freiem Gelände in einem beliebigen
Punkte so rückwärts einschneiden kann, daß der eingeschnittene
und in seiner Höhe von trigonometrischen Festpunkten her ab
leitete Punkt sowohl im Längenmaße mit der im Maßstabe liegen
den Genauigkeit in die Belegenheit der Aufnahme wie seiner Höhe
nach in die Schichtlinien hineinpaßt, und daß jeder von diesem
Punkte aus nach einem Gegenstand der Örtlichkeit gerichtete
Sehstrahl vermittels der Kippregellinealkante die ihm ent
sprechende Darstellung auf der Zeichnung trifft. In großen
Wäldern wird man sich in der Regel mit der auf S. 256 angegebenen
Genauigkeit begnügen müssen.
Auf die kartographische Bearbeitung der Meßtischaufnahmen werden wir
später zurückkommen. Die Aufnahme und Herstellung einer topographischen
Wirtschaftskarte 1 : 5000 wird in Teil IID. behandelt werden.
Wir wollen uns hier noch mit der Verwendung der Photographie für topo
graphische Arbeiten beschäftigen. Diese kommt, namentlich als Stereo
photogrammetrie, hauptsächlich dort in Frage, wo das bisher beschriebene
Meßtisch verfahren nicht angewandt werden kann, wie es z. B. in den Kalk
alpen Nord- und Südtirols, im Tennengebirge Salzburgs oder in den südamerika
nischen Anden der Fall ist.
Dort gestattet die wilde Zerklüftung des Gesteins infolge Erosion durch
Wasser und Wind keinerlei Besteigen der Felsen, geschweige denn irgendeine
topographische Tätigkeit. Die Aufnahme hat sich früher in solchen Fällen
mit ,,Skizzen ä vue“ von entfernteren begehbaren Punkten her begnügen
müssen.
Jetzt gibt die Stereophotogrammetrie, und zwar am besten die terrestrische
vereint mit der Duftstereophotogrammetrie, ein vorzügliches Mittel, geometrisch,
topo- und kartographisch einwandfreie Karten in beliebigem Maßstabe auch
von solchem Gelände herzustellen. Wir kommen darauf genauer zurück.
3. Die Stereophotogrammetrie.
a) Die Aufnahme, Ausmessung und Berechnung.
Die Photogrammetrie, auch „Meßbildkunst“ genannt, ist fast so alt wie
die Photographie selbst und reicht nach dem von Jordan Bd. II, 1897, gegebenen
Literaturverzeichnis bis vor das Jahr 1860 zurück.
Sie war ursprünglich nichts anderes als eine Anwendungsart der darstellenden
Geometrie auf photographische Bilder und benutzte die Rechnung nur inso
weit, als es nötig war, die von derselben Landschaft von verschiedenen
Punkten aus aufgenommenen Photographien auf e i n e n Horizont und in e i n e
Bildebene zu bringen. Als geodätische Aufgabe — wenn man derartige gra
phische Arbeiten überhaupt zur wissenschaftlichen Geodäsie rechnen darf —
ist sie zuerst von Jordan 1874 bei seiner Aufnahme der Libyschen Wüste
angewandt und behandelt worden.