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I. Teil. Die Landesvermessung.
Der photogrammetrische Theodolit, das ist die Verbindung der photo
graphischen Kammer mit dem Feldmeßtheodolit, ist zuerst von Ott nach
Angaben von Finsterwalder gebaut worden. Am meisten verdient um die
praktische Anwendung der Photogrammetrie bei der Meßtischaufnahme in
1:25000 hat sich der italienische Generalstab durch sein militärgeographisches
Institut (Ingenieur-Geograph Paganini) in den Jahren 1878 bis 1887 ge
macht. Auch das österreichische militärgeographische Institut hat die Meß
tischphotogrammetrie bei seinen Hochgebirgsaufnahmen vielfach zur An
wendung gebracht.
Auf diese ursprüngliche Form verlohnt es sich aber nicht mehr einzugehen,
da sie durch das neuzeitliche Verfahren der Stereophotogrammetrie
vollständig zurückgedrängt worden und veraltet ist.
Das Wesen der Stereophotogrammetrie besteht in der Herstellung und Aus
messung stereoskopischer Bilder mit vergrößertem Augenabstand.
Das körperliche (plastische) Bild, das vom Menschen wahrgenommen wird,
entsteht nämlich aus der Ver
schmelzung zweier von je
dem Auge für sich gesehenen
Flachbilder zu einem plas
tischen Gebilde.
Den Winkel, den ein in
der Natur gesehener Punkt
mit den Sehlinien aus beiden
Augen als Schenkel bildet,
nennt man die Parallaxe,
die demgemäß bei einem un
endlich fern gelegenen Punkt
gleich Null sein muß.
Ein mit gewöhnlichem
Augenabstande (bis höch
stens 70 mm) von 2 Ständen
aus aufgenommenes Stereoskopbild erscheint im Stereoskop (Abb. 52) mit
derselben plastischen Wirkung, wie das in der Natur vorhandene körper
liche Gebilde. Sind die Bilder mit größerer Basis aufgenommen, als der
Augenabstand beträgt, so ist auch ihre Wirkung im Stereoskop um so
plastischer. Wird auf jedem der beiden Stereoskopbilder je eine Zeiger
marke angebracht, so erscheinen diese beiden Zeiger durch das Stereoskop
betrachtet nur als eine einzige Marke, die sich in dem plastischen Bilde an
der Stelle befindet, wo die aus den Augenpunkten über beide Marken laufen
den Sehlinien sich in Wirklichkeit schneiden würden. Sind beide Marken
genau so weit auseinander wie die beiden Augenpunkte, so ist die stereo
skopisch gesehene Marke auf die Entfernung unendlich eingestellt. Abb. 52
läßt die beiden Zeiger erkennen und zugleich die Mikrometervorrichtung zum
Messen ihrer Abstände und damit der Entfernungen; denn es ist klar, daß
man mit Hilfe dieser Eigenschaft der Stereoskopie jede beliebige Entfernung
Abb. 52. Stereoskop von Carl Zeiß in Jena mit Prüfungs-
tafel und darübergelegtem Stereomikrometer. (Preis vor dem
Kriege 105 Mark.)