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II. Teil. Das Kataster.
fahrung angesehen werden darf und für eine Reihe gleicher Anweisungen in
anderen Staaten als Vorbild gedient hat, bestimmt im § 100 über den Maß-
stab der Gemarkungskarten (die in Süddeutschland „Flurkarten“ heißen),
daß die Kartierung der einzelnen Blätter der Gemarkungsurkarte in der Regel
erfolge, wenn die Parzellen durchschnittlich enthalten:
a) mehr als 50 Ar, im Maßstabe 1:2000,
b) zwischen 50 und 5 Ar, im Maßstabe 1:1000,
c) weniger als 5 Ar, namentlich aber bei Städten, Flecken und geschlossenen
Dörfern, im Maßstabe 1:500.
Bei großen Gütern, Waldungen, Heiden, Sümpfen und Seen kann der
Maßstab 1:4000 angewandt werden, sofern nicht schon zuverlässige Karten
in einem anderen Maßstabe vorhanden sind, der aber in der Regel nicht kleiner
als 1:5000 sein darf.
In Süddeutschland ist man dem einmal gewählten Maßstabe treu geblieben,
selbst als in Bayern durch die Königliche Verordnung vom 19. Januar 1872
und die „Instruktion für neue Katastermessungen in Bayern, hier
für Theo doli tauf nahmen“ vom 31. Mai 1875 eine Neumessung an
geordnet, dafür das preußische Zahlenaufnahmesystem eingeführt und eine
teilweise Neukartierung bewirkt wurde. Die Städteaufnahmen wurden aller
dings von da an im Maßstabe 1:1000 dargestellt.
Es ist für das preußische Verfahren bezeichnend, daß die anfangs mit
der Katastervermessung verbundene „topographisch-statistische Aus
führung“ der Karten schon nach kurzer Zeit ganz eingestellt und dem Militär
überlassen wurde, das nach dem Übergange des topographischen Aufnehmens
vom statistischen Bureau an den Generalstab im Jahre 1816, wo dieser ge
gründet worden war, 1818 mit der Herstellung einer topographischen Karte
vom Rheinland und Westfalen begann, wobei von 1821 an nach der Anweisung
des Generals Müffling nur noch der Meßtisch angewandt werden durfte.
Seitdem ist in Preußen für die topographische Aufnahme ausnahmslos
der Maßstab 1:25000 zugrunde gelegt worden, und erst im Jahre 1868, nach
dem von 1862 bis 1865 eingehende Beratungen über die wissenschaftlich-tech
nische und administrative Reorganisation der preußischen Vermessungs
angelegenheiten stattgefunden hatten, hat Dr. J. J. Baeyer, Generalleutnant
z. D. und Präsident des Zentralbureaus der europäischen Gradmessung, in einer
Broschüre „Mein Entwurf zur Anfertigung einer guten Karte von den öst
lichen Provinzen des preußischen Staates. Ein Beitrag zur Entwicklung der
Meßkunde in Preußen“ (Berlin 1868, Druck und Verlag von Georg Reimer)
eine sogenannte „Einheitskarte“ verlangt, „welche alle künftigen Ver
messungen entbehrlich macht.“
Dieser Gedanke ist später im Jahre 1879 von dem Abg. Sombart wieder
aufgenommen und in einer Denkschrift „Herstellung einer einheitlichen
Grundkarte“ verarbeitet worden, die 1880 einer Resolution des Deutschen
Geometervereins und der Forderung „Herstellung einer genauen
Spezialkarte des ganzen Staatsgebietes“ zugrunde gelegt wurde 1 ).
J ) Zeitschrift für Vennessungswesen .1879, S. 385, und 1880, S. 351.