BERICHTIGUNG DER SCHNEIDEN EINER WAAGE.
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äusserst kleine Verrückung des Bildes sicher und scharf mit einem Fernrohre er
kennen. Der Hofr. Gauss gebrauchte als Gegenstand eine etwa 5 Meter vor dem
Spiegel vertical aufgerichtete, in Millimeter eingetheilte Scale; das 35 mal ver-
grössernde Fernrohr stand in nahe eben so grosser Entfernung. Es erschien so
das Bild eines Millimeters etwa 20 Secunden gross, wovon man noch Zehntel
schätzen kann. So lange die Schneide noch nicht vollkommen berichtigt war,
ging das Bild der Scale an dem Fadenkreuze des Fernrohrs auf das regelmässigste
auf und ab, wie der Waagebalken seine Schwingungen machte.
Für mathematisch gebildete Leser bedarf es blos der Andeutung, dass auf
diese Weise nicht blos erkannt werden kann, nach welcher Seite eine Divergenz
statt findet, sondern auch, hinreichend genau, wie gross dieselbe ist, wodurch,
verbunden mit der Kenntniss der Weite der Gewinde der Correctionsschrauben,
das Correctionsgeschäft in einen sichern Gang gebracht wird.
Der Vollständigkeit wegen mögen noch ein Paar andere Umstände hier er
wähnt werden.
Wenn man einen etwas grossen Spiegel an wendet (der vom Hofr. Gauss ge
brauchte, auf das Tragestück vermittelst einer eigenen Vorrichtung befestigte,
hat 7 5 Millimeter Höhe), so ist es nothwendig, die Schalen mit hinlänglich schwe
ren Gewichten zu belasten, weil sonst das Tragestück seitwärts Umschlagen würde.
Es ist oben vorausgesetzt, dass die zu prüfende äussere Schneide mit der
mittleren in Einer Ebene liege, also, wenn man die mittlere genau horizontal ge
stellt hat, bei horizontalem Stande des Waagebalkens gleichfalls horizontal sei,
und nur etwa seitwärts divergire. Gewöhnlich wird aber diese Voraussetzung auch
nicht in äusserster Schärfe statt finden, sondern, die äussere Schneide bei jener
Stellung etwas geneigt, oder das eine Ende etwas höher sein können als das an
dere. Man erkennt dies, bei der beschriebenen Prüfungsmethode, daran, wenn
beim Steigen des Waagebalkenarmes das Spiegelbild sich zugleich seitwärts, und
beim Sinken nach der entgegengesetzten Seite bewegt. Inzwischen muss bemerkt
werden, dass dieser Fehler, wenn er vorhanden ist, an einer Waage von einem
geschickten Künstler jedenfalls viel zu klein sein wird, um einen noch merklichen
Fehler in den Resultaten der Wägungen hervor zu bringen, und dass man daher
auch bei den besten Waagen keine Correctionsmittel zur Wegschaffung dieses
Theils des Nicht-Parallelismus angebracht hat.