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Genial*, so lange es nur aus einer einfachen Convexlinse bestellt,
stets wieder eine Farben- und Kugelabweichung hervor. Man könnte
die Farbenabweichungen wie bei dem Objective durch eine achro
matische Linsenverbindung aufheben: es geschieht aber in der Regel
nicht, weil die vom Ocular bewirkten Abweichungen nur gering
und um so weniger auffallend sind, als das Auge selbst nicht ganz
achromatisch gebaut ist. Gleichwohl setzt man aber auch das Ocular
aus zwei, vier oder mehr Linsen zusammen, weil sich dadurch nicht
bloss die sphärischen Abweichungen vermindern, sondern auch noch
Vortheile in Hinsicht auf die Grösse des Gesichtsfeldes und der Hellig
keit erlangen lassen.
Wenn ein Ocular nur aus einer Convexlinse besteht, oder aus
zweien so zusammengesetzt ist, dass es die Bilder der Gegenstände
verkehrt zeigt, so heisst es ein astronomisches; besteht es aber aus
vier oder mehr Linsen, welche zusammen ein aufrechtes Bild liefern,
so wird es ein terrestrisches genannt. Der Unterschied zwischen
einem astronomischen und terrestrischen Fernrohre besteht einzig und
allein in der Verschiedenheit ihrer Oculare. Da wir es hier bloss
mit dem astronomischen Fernrohre zu thun haben, so unterwerfen
wir auch bloss das astronomische Ocular einer näheren Betrachtung.
Die zweite Linse des astronomischen Oculars, welche von der
ersten einen unveränderlichen Abstand hat und folglich mit dieser
dem Objectiv genähert oder von ihm entfernt werden kann, heisst
die Collectivlinse des Fernrohrs, weil sie, wie sogleich gezeigt
wird, die auf sie fallenden Lichtkegel in kleinere Räume zusam
mendrängt. Diese und die eigentliche Ocularlinse sind planconvexe
Linsen. Wenden beide Ocularlinsen ihre convexen Seiten dem Ob
jective zu, so bilden sie ein Huyghens’sches, und wenn sie ihre
convexen Seiten sich selbst zukehren, ein Ramsden’sches astro
nomisches Ocular. In dem ersteren Falle steht, wie in Fig. 45, die
Collectivlinse (C) innerhalb der Brennweite (mp') des Objectivs,
und das Bild eines vor dem Objectiv befindlichen Gegenstandes er
zeugt sich zwischen den beiden Ocularlinsen (in p); in dem zweiten
Falle aber steht die Collectivlinse ausserhalb der Brennweite des
Objectivs und das durch dieses erzeugte Bild befindet sich zwischen
der Objectiv- und der Collectivlinse. Für unseren Zweck genügt
es, die Wirkungsweise des häufiger angewendeten Huyghens’schen
Oculars zu erörtern.