Full text: Die Messinstrumente und ihr Gebrauch (1. Band)

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Sieht man die Erde als Kugel an, so schneiden sich alle loth 
rechten Linien und Ebenen in deren Mittelpunkt; betrachtet man sie 
aber als Umdrehungsellipsoid, so gehen nicht alle Lothe durch die 
Mitte, sondern nur diejenigen, welche auf dem Aequator oder an 
den Polen stehen: die übrigen begegnen sich nur dann, wenn sie 
in einer und derselben Meridian ebene liegen oder zu einem und 
demselben Parallelkreise gehören. Es versteht sich demnach von 
selbst, dass man bei dieser Annahme nicht durch irgend zwei be 
liebige lothrechte Linien eine Vertikalebene legen kann, sondern 
nur durch jene zwei, welche sich schneiden. 
Alle Lothe auf einem Erdabschnitte sind gegeneinander geneigt; 
der Neigungswinkel ist aber in vielen Fällen so klein, dass er der 
Null gleich geachtet werden kann. Denn nimmt man die Erde als 
Kugel vom Halbmesser r = 3 266 608 Toisen an, so wird der Mittel 
punktswinkel C der Lothe L und L', welche um den grössten Kreis 
bogen LL' = b von einander abstehen, nach der Proportion: 
2r n : b = 360° : C° = 60.60.360 Sek.: C Sek. 
ausgedrückt durch die Gleichung: 
C = 206 265 Sekunden, (2) 
wobei sich von selbst versteht, dass b und r mit einerlei Massein- 
heit gemessen werden müssen. Hieraus findet man 
für b = 6000 Pariser Fuss den Winkel C = 63,14 Sekunden; 
es beträgt somit die Neigung zweier Lothe, welche eine Viertelmeile 
auseinanderstehen, erst eine Minute: man kann demnach in sehr 
vielen Fällen die lothrechten Linien als parallel ansehen. 
§• 6. 
Wagrechte Linien und Flächen. 
Mit dem Begriffe der lothrechten Linie ist auch jener der wag 
rechten gegeben; denn jede Richtung, welche auf einem Lothe 
senkrecht steht, heisst wagrecht oder horizontal. Da die Loth- 
linien zweier Punkte der Erdoberfläche einen Winkel mit einander 
bilden, so ist klar, dass eine Gerade, welche auf dem einen Lothe 
senkrecht ist, es nicht auch zugleich auf dem anderen seyn kann; 
dass folglich die wagrechte Richtung für jeden Punkt der Erde eine 
andere ist und strenggenommen nur diejenigen Horizontallinien 
parallel sind, welche zu einem und demselben Lothe gehören.
	        
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