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men; Hauptzweck der Seitenberechnung aber ist die Bestimmung
der gegenseitigen und geographischen Lage der Netzpunkte. Für den
ersteren Zweck genügt eine annähernde (provisorische), für den
letzteren aber nur eine genaue (definitive) Berechnung. Bei der
provisorischen Berechnung der Dreieckseiten zum Behufe der Win
kelausgleichung und Centrirung der Winkel setzt man in die ent
sprechenden trigonometrischen Formeln die Dreieckwinkel so ein,
wie sie aus der Messung hervorgingen, also noch mit den zufälligen
Fehlern behaftet; bei der definitiven Seitenberechnung aber werden
nur die verbesserten Winkel angewendet.
Geht man bei der Berechnung der Dreiecke erster Ordnung,
wie es seyn muss, von der unmittelbar gemessenen Basis ans, so
hat man in dem ersten Dreiecke diese auf das Niveau der Messung
reducirte (sphärische) Basis und die drei Winkel, deren Summe auf
180° -f- e ausgeglichen ist, wobei s den sphärischen Excess (§. 267)
bezeichnet. Man kann somit die zwei anderen sphärischen Seiten
des ersten Dreiecks entweder nach dem bekannten Satze über die
Proportionalität der Sinusse der Seiten und Gegenwinkel, oderauch
aus der ebenfalls sehr hekannten Relation zwischen einer Seite und
den ihr anliegenden Winkeln berechnen. Diese Formeln wendet
man aber in der Regel nicht an, sondern bedient sich statt dersel
ben des nachfolgenden Lehrsatzes von Legendre, welcher es mög
lich macht, die sphärischen geodätischen Dreiecke wie ebene zu be
rechnen. Statt des Legendre’schen Satzes könnte auch ein von
Del ambre angegebenes Verfahren angewendet werden, wonach jede
Bogenseite auf ihre Sehne und jeder sphärische Winkel auf den
Sehnenwinkel reducirt wird; allein dieses Verfahren ist viel um
ständlicher als das nachfolgende, wesshalb wir es hier nicht weiter
berühren wollen.
§. 303.
Lehrsatz. Ein geodätisches Dreieck darf wie ein
ebenes behandelt werden, wenn man jeden seiner Win
kel um den dritten Theil des sphärischen Excesses ver-
m i n d e r t.
Der nachfolgende Beweis rührt von Gauss her und ist in Crelle’s
Journal der Mathematik, Bd. 22, S. 96. enthalten.
Bezeichnet man den ganzen sphärischen Excess eines Kugel-