Full text: Die Messungen und das Abbilden des Gemessenen (2. Band)

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§. 323. 
Aufgabe. Die Polhöhe oder geographische Breite ei 
nes gegebenen Ortes der Erde annähernd zu bestimmen. 
Unter der Pol höhe eines Orts versteht man den Höhenwinkel 
der Verbindungslinie dieses Orts mit dem Himmelspole (einem in 
der Richtung der Erdaxe unendlich weit entfernten Punkte). Da 
nun jene Linie mit der Erdaxe parallel zu nehmen ist, so kann man 
auch sagen: die Polhöhe eines Orts ist der Neigungswinkel der schein 
baren Horizontalebene dieses Orts gegen die Erdaxe. Vergleicht 
man damit die geographische Breite eines Orts, welche der Neigungs 
winkel der Vertikallinie dieses Orts gegen die Aequatorebene ist 
(§. 4): so sieht man sofort ein, dass die Pol höhe lind Breite 
eines Ortes der Grösse nach gleich sind, und dass man 
demnach die Breite durch die Polhöhe bestimmen kann. 
Alle Methoden, die Polhöhe eines Orts mit grösster Genauigkeit 
zu messen, erfordern einen vorzüglichen astronomischen Apparat 
(feine Winkelmessinstrumente, Chronometer, Hilfstafeln etc.); wenn 
man diesen aber nicht besitzt, so kann man mittels eines Theodo- 
lithen oder Spiegelkreises durch blosses Messen von Höhenwinkeln 
die Polhöhe eines Orts für viele Zwecke (nur nicht für den Normal- 
pnnkt einer Landesvermessung) ausreichend genau finden. 
Würden sich in den Verlängerungen der Erdaxe, also an den 
Himmelspolen Fixsterne befinden, so könnte man, je nach der Lage 
des Orts, dessen Polhöhe gesucht wird, den einen oder den andern 
anvisiren, und man brauchte folglich nur den Höhenwinkel dieser 
Visirlinie zu messen, um die gesuchte Polhöhe zu erhalten. Es gibt 
aber keine Fixsterne, die gerade so gelegen sind. Dagegen können 
wir uns auf der nördlichen Halbkugel der Erde des Polarsterns 
bedienen, welcher dem nördlichen Pole der Himmelskugel am nächsten 
steht und durch das bekannte Sternbild des grossen Bären leicht 
aufzufinden ist, da er in der Verlängerung der durch die beiden 
hinteren Sterne jenes Bildes gehenden Linie liegt und sich durch 
seine Grösse oder Helligkeit von den nächsten Sternen auszeichnet. 
In Folge der Axendrehung der Erde kommt der Polarstern (S, Fig. 385) 
täglich zweimal in die Ebene eines jeden Meridians, also auch des 
Orts O, dessen Polhöhe gesucht wird. . Das Zusammentreffen mit 
der erweitert gedachten Meridianebene eines Orts nennt man die 
Culmination des Sterns für diesen Meridian und man unterscheidet
	        
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