Legendre.
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Lehrsatz.
Wenn ein Bogen mit dem Radius kommensurabel
ist, so wird seine Tangente mit demselben Radius
inkommensurabel sein.
In der Tbat, es sei der Radius = 1 und der Bönen x = —,
7 ö n 7
wo m und n ganze Zahlen sind, so giebt, wenn man die Sub
stitution ausführt, die oben gefundene Formel:
m i
7 n — etc.
Dieser Kettenbruch aber ist so, wie ihn der zweite Hülfs-
satz voraussetzt; denn da die Neuner 3n, 5n, 7n, etc. fort
während zunehmen, während der Zähler in 2 der gleiche bleibt,
so werden die einzelnen Brüche bald kleiner als die Einheit
werden. Folglich ist der Wert von tg — irrational, d. h. wenn
O O n 7
der Bogen mit dem Radius kommensurabel ist, so
wird seine Tangente inkommensurabel sein.
Hieraus ergiebt sich, als unmittelbare Folge, der Satz, der
den Gegenstand dieser Note ausmacht. Es sei it der halbe Um
fang des Kreises mit dem Radius gleich 1; wenn nun n rational
wäre, so würde das Gleiche von dem Bogen — gelten und
folglich müfste die Tangente desselben irrational sein. Man
Aveifs aber im Gegenteil, dafs die Tangente des Bogens ^
gleich dem Radius 1 ist; folglich kann n nicht rational sein.
Daher ist das Verhältnis des Kreisumfanges zum
Durchmesser eine irrationale Zahl*).
*) Dieser Satz ist zum ersten Male von Lambert in den Berliner
Memoiren vom Jahre 1761 bewiesen worden. (Dafs der Satz nicht im
Jahre 1761, sondern im Jahre 1766, und auch nicht zuerst in den Ber
liner Memoiren, sondern in den „Beyträgen“ von Lambert bewiesen
worden ist, wurde bereits pag. 56 bemerkt. Der Irrtum rührt daher,
dafs jene im Jahre 1767 gelesene Akademieabhandlung sich in dem mit
der Jahreszahl 1761 versehenen Bande der Berliner Memoiren befindet.
Dieser Band wurde aber erst 1768 gedruckt und enthält in bunter Unord
nung Abhandlungen aus den Jahren 1749, 175°, 1760, 1763, 1767.R.)