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Zweites Kapitel.
dem Namen „Lunulae Hippokratis“ aus den Elementen allge
mein bekannt sind. Mit Hülfe solcher Möndchen mühte sich
nun Hippokrates ab, auch den Kreis zu quadrieren, was ihm
freilich nicht gelingen konnte*).
Trotz der Versuche aller der genannten Geometer konnte
aber von einer wirklich wissenschaftlichen Inangriffnahme des
Problemes von der Quadratur des Zirkels noch keineswegs ge
sprochen werden**). Von der ägyptischen Vorschrift abgesehen,
war man überhaupt über Andeutungen, Pläne, Vermutungen
nicht hinausgekommen. Derjenige Mathematiker, dem das Pro
blem der Ausmessung des Kreises die erste gründliche, wissen
schaftliche Behandlung verdankt, ist Archimedes von Syra
kus (geboren 287 in Syrakus, wurde er bei der Eroberung
seiner Vaterstadt durch Marcellus im Jahre 212 von einem
römischen Soldaten getötet), die weitaus bedeutendste mathe
matische Erscheinung des ganzen Altertumes***).
In der unschätzbaren grundlegenden Abhandlung „Die
Kreismessuug“ (xvxlov gf'r^dtg) beweist Archimedes die drei
Sätze: 1) „Jeder Kreis ist einem rechtwinkligen Dreiecke in
haltsgleich, insofern der Radius gleich der einen der den rechten
Winkel einschliefsenden Seiten, der Umfang aber gleich der
Basis ist.“ 2) Der Kreis hat zum Quadrate seines Durchmessers
(nahezu) ein Verhältnis wie 11 zu 14.“ 3) „Der Umfang eines
jeden Kreises ist dreimal so grofs als der Durchmesser und noch
um etwas gröfser, nämlich um weniger als ein Siebentel aber
um mehr als zehn Einundsiebenzigstel des Durchmessers.“
*) Siehe Bretschneider, pag. 97 —124, woselbst, mit beigefügter
Übersetzung, das ungemein wertvolle und interessante Referat ans des
Eudemus (eines Schülers des Aristoteles) Geschichte der Geometrie mit
geteilt ist, welches Simplicius (im 6, Jahrh.) in seinem Kommentare
zur aristotelischen Physik verfafst hat.
**) Immerhin darf darauf aufmerksam gemacht werden, dafs von der
Zeit Platons (429—348) an, die Einsicht sich bei den Mathematikern zu
befestigen begann, dafs die Quadratur des Zirkels eine mit Zirkel und
Lineal auszuführende Aufgabe sei. (Vergi. Cantor I., 201—202 und
Hankel, pag. 156.)
***) Über das Leben des Archimedes findet man Auskunft in: Hei
berg, Quaestiones Archimedeae (Kopenhagen 1879), oder: Cantor I., pag.
253—254.