§ 7. Die Araber und die christlichen Völker des Mittelalters, 25
Wortlaute entsprechend, dschiba geschrieben wurde. Genau die
selben Konsonanten aber, welche arabisch dschiba zu lesen
sind, ein Wort, welches für die Araber keine Bedeutung hatte,
lassen auch die Lesung dschaib zu, welches ein wirkliches ara
bisches Wort ist und soviel bedeutet wie Einschnitt oder Busen.
Diese letztere Lesung wurde schliefslich die regelmäfsige, sodafs
Plato von Tivoli das Wort dschaib ganz richtig durch sinus
übersetzte, ein Ausdruck, der nun allgemein angenommen
wurde*).
Den ersten genaueren Angaben über die Zahl n begegnen
wir erst bei dem Manne, dessen wir bereits oben als des weit
aus bedeutendsten Mathematikers des ganzen christlichen Mittel
alters gedacht hatten, bei Leonardo Pisano. Derselbe wurde
am Ende des 12. Jahrhunderts einem Schreiber zu Pisa, der
den Beinamen Bonaccio führte, geboren. Nach grofsen Reisen,
die er nach Ägypten, Syrien, Griechenland und der Provence
unternahm, kehrte Leonardo nach Pisa zurück, wo er im Jahre
1202 sein berühmtes Werk „Liber Abaci“ schrieb. Ein Freund
Kaiser Friedrich’s II., der ihn in Pisa an seinen glänzenden Hof
zog, starb er um das Jahr 1228. Das Werk, welches uns hier
speziell interessiert, führt den Titel Practica geometriae und
ist im Jahre 1220 geschrieben. In demselben führte er unter
anderem die Rektifikation des Kreises mittels eingeschriebener
und umgeschriebener Polygone aus und zAvar auf bedeutend
kürzerem Wege als Archimedes. Indem er ebenfalls bei dem
96-Eck stehen blieb, fand er überdies die engeren Grenzen
1440
4584
= 3,1427 .
und
1440
158.»
3,1410 ...,
während die Grenzen des Archimedes 3 * = 3,1428 . . . und
3*— = 3,1408 . . . waren. Aus jenen Grenzen wählte Leonardo
als Mittelwert , was dem Werte jt — 3,1418 ... entspricht**).
*) Cantor I., pag. 560 und 632; Hankel, pag. 280—281.
**) Siehe: Scritti di Leonardo Pisano matematico del secolo deci-
moterzo pubblicati da B. Boncompagni (Roma 1857—62) IL, pag. 87—90.
Ferner: Cantor IL, pag. 34; Hankel, pag. 345.