§ 13. Die Entdeckungen Liouville’s.
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sagten, dafs diese Zahlen nicht Wurzeln gewisser algebraischer
Gleichungen mit rationalen Koeffizienten seien, so war damit
die Frage aufgeworfen, von welchen algebraischen Gleichungen
dieser Art denn überhaupt e und ti Wurzeln sein könnten.
Nun hatte sich zwar bei den Mathematikern schon lange
die Überzeugung gebildet, dafs e und 7t wohl überhaupt nicht
Wurzeln algebraischer Gleichungen mit rationalen Koefficienten
sein möchten, in ähnlicher Weise, wie man ja auch an die
Irrationalität von n fest glaubte, lange bevor dieselbe wirklich
bewiesen war. Schon Euler giebt jener Überzeugung Aus
druck in der Abhandlung: „De relatione inter ternas pluresve
quantitates instituenda“ (Opuscula analytica II, pag. 98) und
noch deutlicher Legendre in dem bemerkenswerten Satze (siehe
den Schlufs seiner Abhandlung):
„Es ist wahrscheinlich, dafs die Zahl n nicht ein
mal unter den algebraischen Irrationalitäten enthalten
ist, d. h. dafs sie nicht Wurzel sein kann einer alge
braischen Gleichung mit einer endlichen Anzahl von
Gliedern, deren Koeffizienten rational sind. Aber es
scheint sehr schwer zu sein, diesen Satz strenge zu
beweisen.“
In ähnlicher Weise spricht sich auch Lambert aus in
seiner oben (pag. 56) erwähnten Akademieabhandlung, indem
er diese auf e und 7t bezügliche Vermutung geradezu zu einem
Satze formuliert und zum Beweise desselben auffordert.
Aber trotzdem besafsen doch alle diese Vermutungen in
sofern eine geringer«* Berechtigung als die in früheren Zeiten
auf die Irrationalität von 7t bezüglichen, als man bis zur Mitte
unseres Jahrhunderts noch gar kein Beispiel dafür kannte, dafs
es überhaupt Zahlen gäbe, die nicht Wurzeln irgend einer al
gebraischen Gleichung mit rationalen Koeffizienten sein könnten.
Liouville war der erste, der hierfür einen strengen Be
weis lieferte, indem er Zahlen von einfachem Bildungsgesetze
herstellte, von denen sich nach weisen liefs, dafs sie keiner al
gebraischen Gleichung mit rationalen Koeffizienten genügen.
Als ein solches Beispiel führt er unter anderen eine Zahl an,
die ein ganz ähnliches Bildungsgesetz besitzt wie die Basis
der natürlichen Logarithmen, nämlich: