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Cap. III. Werkzeuge der mechanischen Rechnung.
in dem hellenischen Alterthum aufsuchen und in der Gegenwart noch
bedeutend vermehren lassen würden, wollten wir alle Diejenigen auf
zählen, welche sich überhaupt um das graphische Rechnen verdient ge
macht haben, d. h. um geometrische Construction von Grössen aus ge
gebenen in der Absicht, dadurch das Werthverhältniss von gegebenen und
gesuchten Zahlen darzustellen, ohne Zuhülfenahme der Ziffernrechnung.
Die euklidische Geometrie liefert davon Beispiele genug, aber die
Methode hat eine hervorragende Bedeutung erlangt, seitdem sie in
neuerer Zeit, hauptsächlich durch Culmann, auf Probleme der Mechanik
angewandt worden ist. Hier sollen nur nach Lalanne *) die Namen auf
geführt werden, welche zur Ausbildung des Systems der Schichtentafeln,
d. h. von Tafeln mit isoplethen Curven und zwei Eingängen beigetragen
haben. Denn die Verdienste um Ausbildung der graphischen Tafeln
mit einem Argument scheinen nach Erfindung der Geometrie Descartes’
(f 1650 zu Stockholm) erschöpft.
Die Anwendung isopletlier Curven zur Darstellung von Naturgesetzen,
deren mathematischen Ausdruck wir nicht kennen, stammt, wenn nicht
schon aus älteren Zeiten, aus dem Anfänge des 18. Jahrhunderts, zu
welcher Zeit Halley (f 1742 zu Greenwich) eine Erdkarte mit Curven
entwarf, die in Bezug auf die Abweichung der Magnetnadel isopletli
sind. Die physikalische Geographie und Meteorologie macht gegen
wärtig von der Darstellungsweise durch Isoplethen ausgiebigen Gebrauch.
Die scheinbar näher liegende Anwendung von Isoplethen zur Abbildung
von Oberflächen ist auf einem selbständigen Wege später gefunden worden.
Philippe Buaclie, der Erfinder der Niveaucurven, hat bekanntlich den
Meeresgrund des Canals La Manche durch die Schnitte äquidistanter
Niveauflächen dargestellt und seine Karte 1737 der französischen
Akademie vorgelegt, wodurch er, vermuthlich ohne den Gedanken an
Schichtentafeln zu anderen Zwecken, doch deren geometrisches Vorbild
und zugleich eine Darstellungsweise von Gebirgsformen schuf, die bisher
unübertroffen blieb. Die erste Anwendung der hyperbolischen Rechen
tafeln schreibt Lalanne seinem Landsmanne Pouchet zu, welcher dieselbe
1797 einem Buche beifügte, das von der Verwandlung der alten Maasse
und Gewichte in metrische handelte. Damit war denn zum erstenmal
eine graphische Tafel mit zwei Argumenten zur Darstellung algebraischer
Formeln gewonnen. Die Theorie und neue Anwendungen derselben
wurden, jedoch ohne Rücksicht auf gestreckte Schichtentafeln, zuerst
von d’Obenheim (Mémorial de l’artillerie, 1. vol., 1826), sodann von
Terquem (ebendort, 3. vol., 1830) behandelt. Unabhängig von ihren
Vorgängern kamen die Franzosen Allix, • Cousinery, sodann Lalanne
! ) Lalanne, S. 57—69.