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Natur der Aufgabe und dem Gebiete, dem sie entnommen ist, nacü mehr
fachen Richtungen hin gliedern, von denen wir nur jene hervorheben wollen,
welche für den Ingenieur von besonderem Interesse sind.
I. Die Bauwerksphotogrammetrie stellt sich die Aufgabe,
aus einem oder mehreren Bildern eines Gebäudes oder Gebäudetheiles die
wahren Abmessungen desselben zu bestimmen, d. i. aus dem perspectivischen
Bilde den Auf- und Grundriss in orthogonaler Projection zu ermitteln; sie
ist in diesem Sinne insbesonders ein Zweig der darstellenden Geometrie.
Die Aufnahme kunsthistorisch wichtiger Bauwerke, welche die Fest
legung der meist schwer zugänglichen Details (Tbürme, Fanden) in ihren
richtigen Dimensionen gestattet, die ausserordentlich kurze Zeit, innerhalb
welcher eine solche Aufnahme, insbesonders als Reiseaufnahme, vollzogen
werden kann, machen die Methode äusserst wichtig. In Berlin wurde ein
eigenes Institut für derartige Aufnahmen ins Leben gerufen, an dessen Spitze
Geh. Baurath Meydenbauer, der diese Methode zuerst in Deutschland
in Aufschwung gebracht hat, steht.
IT. Situationsphotogrammetrie. Sie gestattet mit der Ge nauigkeit
von Messtisch- und gewöhnlichen tachymetrischen Aufnahmen die Situation und
Höhenverhältnisse eines aufzunehmenden Gebietes zu ermitteln, indem man
von 2 oder mehreren Punkten aus das bezügliche Gebiet pho*ographirt. Die
richtige Lage der Standpunkte wird entweder nachträglich aus den Bildern
selbst unter Zuhilfenahme von Plänen und anderweitig festgelegten Punkten
gefunden, oder es werden dieselben im vorhinein iixirt und als Basis oder
Polygonzüge geometrisch festgelegt.
Die Situationsphotogrammetrie hat es zu einer Vollkommenheit
gebracht, die sie insbesondere für schwierigere Terrainverhältnisse, wie bei
Tracirungen von Adhäsions-, Zahnrad- und Seilbahnen im Gebirge, bei Wild
bachverbauungen, u. s. w. geradezu unentbehrlich macht, und sie hat
sich Dank der schönen Arbeiten von Meydenbauer, Stolze. Pollack,
Hafferl u. a. in Deutschland und Oesterreich (speciell am Arlberg) auch mit
grossem Erfolg in der Praxis eingebürgert.
III. Die Phototopographie, welche die Ortsbestimmung und
Terrain - Gestaltung grösserer Gebiete für kartographische Zwecke im
Gebirge, bei Forschungsreisen u. s. w. anstrebt, ist gleichfalls zu hoher
Bedeutung gelangt.
Mit Hilfe weniger, zu bestimmten Zeiten bei feststehendem photo
graphischen Apparate aufgenommenen Sonnenbilder ist es möglich, die
geographische Breite des Standortes zu berechnen, wie dies Prof. Koppe
gethan.
Prof. Jordan hat die topographischen Verhältnisse der Wüste Gassr-
Dachel auf diesem Wege bestimmt.
In Italien steht die Phototopographie seit 1870 in Verwendung. Die
das Hochgebirge darstellenden Blätter der neuen Karte von Italien 1:100.000
sind auf Grund photogammetrischer Aufnahmen ausgearbeitet.
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