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Abrisse der Hauptpunkte.
Das Centrum der Station, welches zur Zeit seiner Bestimmung (1885) mit der
Mitte der Helmstange dicht unter dem Knopf des alten Kirclitluirms zusammenfiel, wird
durch die obigen, auf dasselbe bezogenen Koordinaten der Festlegungen, insbesondere
des Thurmbolzens, scharf definirt.
Der auf dem nordwestlichen Theile der Insel Wangeroog stehende alte Kirch-
thurm hat seit -seiner Erbauung um das Jahr 1600 als Seezeichen gedient. In der
Neujahrsnacht 1854/55 zerstörte eine Sturmfluth das ihn umgebende Dorf und den etwa
500 m ostnordöstlich von ihm gelegenen alten Leuchtthurm. Nach diesem Ereignifs
bauten sich die Bewohner auf dem östlichen Theil der Insel an. Hier wurde 1855/56
auch ein neuer 31,5™ hoher Leuchtthurm und .1866 eine neue massive kleine Kirche
mit spitzem Thurm (neuer Kirchthurm) errichtet. Rund 600 m nordwestlich des letzteren
liegt die Marinestation mit einem niedrigen, eckigen Thurm und die Sirene, ein
massives Gebäude für den Nebelhorn-Apparat.
Der alte Kirchthurm ist mit den Dünen durch einen 100 m langen Steindamm
verbunden und hat wiederholt, namentlich 1861 und 1878, starke Schutzbauten zu
seiner Sicherung erhalten. Der Grundrifs des Thurmes ist ein Rechteck, dessen Seiten
annähernd nach den Himmelsrichtungen orientirt sind; die nördliche und südliche Seite
sind 9,4 m , die östliche und westliche 11,8 m lang. Das Mauerwerk hat eine Höhe
von 24,7 m und ist unten a,i m und oben 1,2 m stark. Die Spitze des Thurmes ist,
vom oberen Rande des Mauerwerks an gerechnet, bis zum Knopf 26 m hoch, aus solidem
Gebälk, zum Theil neu hergestellt und mit Schiefer bekleidet. 14 m über dem Mauer
werk liegt eine achteckige Erweiterung mit vier Luken, bis zu deren Höhe sich neben
der — neueren — Hauptspitze, nördlich und südlich, zwei ältere Nebenspitzen erheben,
welche dem Thurm seine charakteristische Form verleihen. Die Thurmspitze trägt oben
eine Helmstange mit 0,835™ dickem Knopf und einer Windfahne, auf welcher die Be
zeichnung P. F. L. und die Jahreszahl 1827 angegeben ist. Im Jahre 1878 sind Helm
stange und Knopf neu aufgesetzt worden.
Behufs Ausführung der Beobachtungen wurde 1882 auf der Südostecke des alten
Kirclithurmes ein 3™ hoher Steinpfeiler unmittelbar auf das Mauerwerk aufgemauert;
der obere Theil desselben hatte einen quadratischen Querschnitt von 0,54 m Seitenlänge
und war mit einer Deckplatte aus Sandstein versehen; ein in deren Mitte eingelassener
Leuchtbolzen bezeichnete den Punkt Thurmpfeiler. Etwa 14 ni oberhalb des Pfeilers
war in der achteckigen Erweiterung der Thurmspitze behufs Signalisirung nach Neuwerk
und Langeoog ein Leuchtbrett befestigt.
Im Jahre 1891 wurden die Beobachtungseinrichtungen wieder entfernt.
Zur dauernden Versicherung des Centrums sind 1885 folgende Marken her
gestellt und scharf bestimmt worden:
1. ein Thurmbolzen, auf der Südseite des Thurmes, 0,37 m von der südöstlichen
Ecke entfernt und 0,35 m über dem Erdboden in die Thurmmauer eingelassen;
2. eine untermauerte Festlegung mit Pfeiler und PIatte 1. (). in den Dünen,
rund 140 m südlich des Thurmes und 65 m von der Nordostecke des Auf
seherhauses entfernt. Ihre Entfernung vom Centrum ist auf 0,01 m genau
bestimmt. In die 0,8 1T * hohe Untermauerung ist die Festlegungsplatte derart
eingelassen, dafs ihre obere Fläche mit der des Mauerwerks abschneidet.
Der alte Kirchthurm ist bereits bei der Holländischen Triangulation von
Krayenhofk (1802—1811) von Jever und Esens aus angeschnitten worden.
Im Jahre 1825 schickte Gauss seinen Assistenten, Lieutenant Hartmann, nach
Wangeroog in der Airsicht, demnächst dort selber zu beobachten; dieser Plan scheiterte
aber an der Schwierigkeit, die Verbindung zwischen Wangeroog und Neuwerk herzustellen
(vergl. „Briefwechselzwischen Gaufs und Schumacher, Band II“, Seite 26); doch wurde die
Spitze des Kirchthurmes durch Gauss von Langwarden und Jever aus (vergl. „Gaufs’
Werke, Gand IV“, Seite 440, 461 und 462), sowie durch Schumacher von Neuwerk
aus angeschnitten.
Bei der Hannoverschen Landesvermessung ist der alte Kirchthurm ebenfalls
wiederholt angeschnitten worden, und zwar 1831 von Dornum, und Esens und 1841 von
denselben beiden Punkten, sowie von Spiekeroog, Langeoog und Baitrum aus (vergl.
„Gaufs’ Werke, Band IV“, Seite 440, 469, 470, 476 und 477).
Bei der 1835 — 37 durch Hofrath von Sciirknck ausgeführten Triangulirung des
Herzogthums Oldenburg war der alte Kirchthurm Dreieckspunkt 11. O. und der alte
Leuchtthurm Dreieckspunkt III. O.