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Zur Einleitung.
Die wirkliche Grösse und Form eines Körpers kann, unter Zuhülfenahme von Zirkel und
Maasstal), durch den Verstand erkannt und im geometrischen Bilde nach Grundriss und Aufriss
(Ansicht und Profil) wiedergegeben, nicht aber mittels des Auges direkt wahrgenommen werden. Dem
Auge gegenüber gestellt, also beim Sehen, erfahren die Gegenstände vielmehr nach Form und Grösse,
je nach ihrer Stellung und Entfernung, gewisse scheinbare Veränderungen, welche durch die Perspek
tive festgestellt und zu entsprechender Darstellung gebracht werden. Die geometrische Zeichnung
zeigt also die Körper, wie sie wirklich sind, das perspektivische Bild, wie sie uns erscheinen.
Bei jener soll, behufs praktischer Verwendung, der Körper nach Form und Grösse direkt aus der
Zeichnung entnommen werden können, bei der perspektivischen Darstellung ist es Absicht, durch ein
naturgetreues Abbild seiner Erscheinung in unserer Vorstellung denselben Eindruck hervorzubringen,
der den Körper und seine Umgebung bei der wirklichen Betrachtung in uns hervorbringen würde
oder, wie z. B. bei baulichen Entwürfen, hervorbringen soll.
Die Wahrnehmung durch das Auge erfolgt, indem von allen Punkten des gesehenen Gegen
standes Lichtstrahlen nach dem Auge A gelangen, in der sogenannten Linse a sich in einem Punkte
Fig. 1. Fig. 2.
vereinigen, über denselben hinaus sich verlängern und bei b'c'd' die Netzhaut zu einem Spiegelbilde
des gesehenen Gegenstandes anregen, dessen Eindruck mittels der Sehnerven auf das Gehirn überge
führt und zum Bewusstsein gebracht werden. (Fig. 1.)
Auf Grund dessen verwendet die Perspektive diese vom gesehenen Gegenstand nach dem Auge
gelangenden Strahlen zur Feststellung perspektivischer Bilder und deren graphischer Darstellung, in
dem sie dieselben auf die Umgrenzungen der gesehenen Gegenstände bezieht und unter dem Namen
„Sehstrahlen“ vom Auge A als gerade Linien a, b, c, d nach den End- und Eckpunkten des
Objekts gezogen denkt. (Fig. 2.) Innerhalb dieser Sehstrahlen liegt also das Bild oder wird das
selbe gesehen.
Diese Sehstrahlen schliessen bei ihrer Durchkreuzung im Auge gewisse Winkel ein und
diese Winkel müssen nothwendig um so kleiner werden, je weiter ein Gegenstand vom Auge entfernt
ist oder ein Gegenstand und also ai’ch sein Bild erscheint uns um so kleiner, je weiter er entfernt
ist und um so grösser, je näher er sient.