Full text: Das perspektivische Zeichnen

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selbst nur Wenige im Stande sind, das ganze, sich täglich er 
weiternde Gebiet der Wissenschaften und Künste zu beherrschen, 
und auch hier eine berufsweise Theilung der Arbeit nöthig ge 
worden ist, wie viel mehr in den verschiedenen Erwerbs- und 
Arbeitskreisen des praktischen Lebens. Für das eine Fach wird 
diesem für das andere eine andere Wissenschaft die Grundlage 
bilden, die übrigen mehr oder minder als Hülsswissenschasten 
auftreten. Das eben ist es, worauf in den wenigsten Lehrbüchern 
Rücksicht genommen wird. 
Es ist ein Unterschied, ob ich eine Wissenschaft um ihrer 
selbst willen studire oder ihrer nur als Gehülfin bei meinen 
Arbeiten bedarf. In diesem Falle befinden sich, Jeder nach seiner 
Art, Alle, die in den verschiedenen Kreisen der Betriebsamkeit 
praktisch thätig sind, die neben ihrem oft mühevollen Tagewerk 
und bei der Kürze der Zeit, die den Meisten zu einer höheren 
Ausbildung vergönnt ist, schwerlich je dahin gelangen werden, 
sich eine volle, allseitige Wissenschaftlichkeit anzueignen. Für 
Solche kommt es darauf an, die für ihre besonderen Wirkungs 
kreise geeigneten wissenschaftlichen Ergebnisse in leichtverständlicher 
Fassung, kurz und übersichtlich, fertig zur praktischen Verwendung, 
zu ordnen und darzubieten. 
Die Wissenschaft der Perspektive ist eine solche Gehülfin 
in einer Menge von Lebens- und Berufskreisen, ja die Kunst 
des Sehens (d. i. des richtigen Sehens) müßte, in Ver 
bindung mit der Zeichnenkunst eigentlich einen stehenden Gegen 
stand der allgemeinen Erziehung ausmachen. Aber dem ist nicht 
so, wie nahe die Sache auch einem Jeden liegt, ja die That 
sache steht fest, daß sich Tausende von Kunstgewerken und selbst 
bildende Künstler ohne diese Kenntniß behelfen, so gut oder so 
schlecht es eben geht. Bei Weitem nicht in allen Kunstschulen, 
Fach- und Fortbildnngsanstalten wird darauf Bedacht genommen; 
die vorhandenen Lehrbücher aber sind meist viel zu umfangreiche 
und gelehrte Werke, als daß sie für den Gebrauch der Vielen, 
denen eine kunstgemäße Uebung des Auges bei ihren Arbeiten
	        
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