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Anordnung der Beobachtungen.
Die eingangs erwähnte Methode telegraphischer Längenbestimmungen erfordert bekanntlich zwei
gesonderte Operationen: Die localen Zeitbestimmungen, durch welche der Stand und Gang der regi-
strirenden Uhren gegen die Ortszeiten ermittelt werden, und die Vergleichung der beiden Ortszeiten durch
telegraphische Signale.
Könnte man diese als tautochrone Erscheinungen ansehen, so wäre die Differenz der beiden zu dem
selben Signale gehörigen Ortszeiten schon der gesuchte Längenunterschied, gleichgiltig von welcher Station
die Signale gegeben worden sind. Wegen der messbaren Zeit, die der elektrische Strom zur Fortpflanzung
in den Leitungen bedarf, sind die Signale nicht tautochron, sondern erscheinen in der Empfangsstation um
die Fortpflanzungszeit des Stromes (Stromzeit) später auf dem Registrir-Streifen als in der gebenden Station.
Es ist also nicht mehr gleichgiltig, welche der beiden Stationen die Signale gibt; denn aus Signalen der
östlichen Station fände sich der Längenunterschied um die Stromzeit zu klein, aus Signalen der westlichen
Station um diesen Betrag zu groß. Es muss daher ein wirklicher Signal Wechsel stattfinden, d. h. es
müssen von beiden Stationen Signale gegeben werden, wenn sowohl der Längenunterschied wie die
Stromzeit gefunden werden sollen.
Fiir die Ausführung dieser beiden Operationen — der Zeitbestimmungen und des Signalwechsels —
hat Hofrath Oppolzer eine eingehende, bei allen Längenbestimmungen des Gradmessungs-Bureau strenge
eingehaltene Instruction verfasst, welche auch bei der hier vorliegenden Längenunterschied-Messung befolgt
wurde. Diese Instruction ist auf pag. 43—46 der „Astronomischen Arbeiten des k. k. Gradmessungs-
Bureau, I. Band“ mit allen Details publicirt, und es mag daher genügen, hier nur auszugsweise
jene Punkte zu erwähnen, welche zum Verständnisse der im folgenden publicirten Beobachtungen noth-
wendig sind.
Nach den Bestimmungen dieser Instructionen beginnt jeder Beobachtungs-Abend mit dem Abgleichen
der Ströme und der Bestimmung der Federnparallaxe, woran sich unmittelbar ein Zeichen Wechsel reiht, bei
welchem zuerst die östliche und dann die westliche Station eine Beihe von 2 5 — 30 Signalen gibt. Nach einer
kurzen Pause, welche zur neuerlichen Bestimmung der Federnparallaxe dient, wird der Zeichen Wechsel
wiederholt, wobei die westliche Station mit der Signalgebung beginnt, während die Zeichen der östlichen
Station und die Bestimmung der FedernparalLaxe den Signalwechsel beschließen.
Auf diesen einleitenden Zeichenwechsel folgen die Zeitbestimmungen in beiden Stationen. Sie beruhen
auf der Beobachtung der Meridianpassagen von 20—24 Zeitsternen, welche Oppolzer dem Stern-Kataloge
der österreichischen Gradmessung entnommen und in Gruppen von 6 — 8 Zeitsternen, nebst einem ent
sprechenden Polsterne, zusammengestellt hat. Jede dieser Gruppen, „Zeitbestimmungen“ genannt und fort
laufend mit Nr. I bis XXIV bezeichnet, lässt also die Bestimmung der Ortszeit und der Instrumentalfehler
zu. Die Intervalle zwischen den Meridiandurchgängen der Sterne und zwischen den einzelnen Zeit
bestimmungen sind genügend groß, um dem Beobachter die Ermittlung der Axenneigung, die Umlegung
von Libelle und Fernrohr, sowie die Bestimmung der Federnparallaxe zu ermöglichen. — ln
der Pegel werden 3—4 solcher Zeitbestimmungen und zwar die nämlichen in beiden Stationen
beobachtet.
Ist dies an beiden Stationen erfolgt, so wird der Beobachtungsabend wieder mit einem doppelten
Signalwechsel geschlossen und als ein ganz gelungener Abend bezeichnet; er ist hingegen nur als halb-
gelungen zu bezeichnen und bekommt auch in den Rechnungen nur das halbe Gewicht, wenn entweder die