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Einleitung.
Nach den Vereinbarungen, die zwischen den Bevollmächtigten Österreichs für die mitteleuropäische
Gradmessung im Jahre 1864 getroffen wurden, ist die Bestimmung der Polhöhe und eines Azimuthes auf
dem trigonometrischen Punkte Kunétická hora in Böhmen vorgezeichnet worden.
Dieser Punkt hat schon zur Entwicklung des Basisnetzes von Josefstadt und hei der Verbindungs-Tri
angulierung der österreichischen und preußischen Dreiecksnetze gedient. (Siehe Astron. geodät. Arbeiten des
k. und k. milit.-geograph. Institutes, Band I, 1871.) Er liegt auf einer kleinen zur Seehöhe von 305 m sich
steil erhebenden felsigen Anhöhe, welche die ziemlich flache, zwischen der Elbe und Adler ausgebreitete
Gegend von Pardubitz dominiert und weite Sichten gewährt. Der größte Theil dieser Anhöhe wird von den
Ruinen der Burg Ivunak eingenommen, welche einem am natürlichen Boden befindlichen Beobachter einen
namhaften Theil des Horizontes verstellen. Man musste daher das Observatorium, so wünschenswert es
auch gewesen wäre, dasselbe auf dem natürlichen Boden zu erbauen, auf der letzten Etage des Aussichts-
thurmes, also etwa 28 rn (14 Klafter) über dem Felsboden, errichten. Dies hatte Schwierigkeiten zur Folge,
so dass der von Lieutenant Robert von Sterneck (jetzt Oberst) geleitete Bau der Beobachtungs-
pfeiler, welcher mit theilweiser Benützung des alten und sehr festen Mauerwerkes der Ruine ausgeführt
worden war, vom 6. bis 16. Juli 1864 gedauert hat.
Da um diese Zeit das Universal-Instrument aus der mechanischen Werkstätte des Herrn Starcke in
Wien noch nicht eingeliefert war, so wurden vorerst nur Zeitbestimmungen behufs Regulierung der Pendel
uhr Tiede und geodätische Messungen gemacht. Am 26. August traf das Universal-Instrument auf der
Station ein und nun wurden die Polhöhen und Azimuth-Messungen durch Major von Ganahl, der sich um
die Gradmessungsarbeiten so vielfach verdient gemacht hat und der Wissenschaft und uns zu früh (als
Oberst im Jahre 1879) aus dem Leben schied, in Angriff genommen und unter Mitwirkung des Lieutenants
von Stern eck am 14. September 1864 zum Abschlüsse gebracht.
Als im Jahre 1877 die Festlegung eines trigonometrischen Höhennetzes für die k. und k. Militär-
Mappierung in Böhmen für nothwendig erachtet wurde, musste die Kunétická hora abermals von Beobach
tern besucht werden. Diese Gelegenheit wurde benützt, um die Polhöhen-Bestimmung, welche im Jahre
1864 mit dem damals neu angefertigten, eine beträchtliche und ziemlich variable Fernrohr-Biegung besitzen
den Universal-Instrumente *) ausgeführt worden ist, zu wiederholen. Diese Beobachtungen geschahen mit
einem achtzölligen Universal-Instrumente, das schon zu den astronomischen Observationen auf Corfü
gedient hatte und auf pag. 100 und 101 des vierten Bandes dieser Mittheilungen beschrieben ist. Es wurden
*) Das Instrument ist im Bande IV dieser Publieationen pag. 8 beschrieben und in Fig. 1 abgebildet. Die Biegung ist auf Cerkov
+ 15 r 55, auf Kunétická hora mit + Il : 30 bestimmt worden.