34
Maaß- und Gewichtswesen.
§. 26. Vermittelst des Visirstabs können nur diejenigen Fässer
genau gemessen werden, welche dem Fasse ähnlich sind, nach welchem
der Visirstab verfertigt worden ist.' Derselbe könnte aus diesem
Grunde nur dann unbedingt angewendet werden, wenn in Folge
gesetzlicher Bestimmung alle Fässer im Lande nach einer und dersel
ben Proportion ihrer Dimensionen verfertigt werden müßten, so daß
man nur einen Visirstab für alle runde Fässer, und einen andern
Visirstab für alle ovale Fässer zu gebrauchen hätte, was dann auch
bet der in der Note des §. 24 erwähnten Visirrolle der Fall sein
würde. Die Anwendung eines einzigen, sür die gewöhnlichen Di
mensionsverhältnisse construirten Visirstabs kann daher nur in solchen
Fällen angewendet werden, wo es auf genaue Resultate nicht an
kommt. So kommt z. B. im Großherzogthum Baden der Visirstab
bei Untersuchungen der Patentkeller der Weinhändler in Anwendung.
Nach dem Gesetz müssen nur die in den abgesonderten Patentkellern
der Gastwirthe befindlichen Fässer geeicht sein, was dagegen für die
in den Patentkellern der Weinhändler befindlichen Fässer nicht vor- a
geschrieben ist. Der Weinhändler muß aber eine Patentsteuer ent- g
richten, welche nach der Größe des Weinlagers bestimmt ist. Zu d
dem Ende sind mehrere Klassen eingeführt. Z. B. Weinhändler der a
ersten Klasse, deren Lager 10 Fuder nicht übersteigt, zahlen per v
Jahr 8 fl.; diejenigen der zweiten Klasse, deren Lager 10 bis 20 g
Fuder nicht übersteigt, zahlen per Jahr 16 fl. u. s. w. Das Ma- b
ximum des declarirten Weinlagers darf bei Strafe in keinem Zeit- h
punkte überschritten werden, und nach Ablauf des neunten Monats h-
hat jeder Weinhändler zu declariren, ob er den Weinhandel im w
nächsten Steuerjahr und in welcher Ausdehnung fortsetzen oder auf- g
geben will. Die Acciserheber haben nun bei gegründetem Verdacht, st
daß ein Weinhändler ein größeres Lager hält, als er nach der Klasse, h
worauf sein Patent spricht, zu halten berechtigt ist, dem Accisin- u
spector die Anzeige zu machen, der alsdann befugt ist, das Lager d
aufzunehmen. In diesem Falle leistet der Visirstab wesentliche Dienste, g
weil es hier auf große Genauigkeit begreiflich gar nicht ankommt,
und weil es zu weitläuftig wäre, den Inhalt der Fässer durch un- st
mittelbare Messung, nämlich stereometrisch oder aber durch Aus- v
gießen des Weins zu bestimmen. st
Ist bei Visitationen der Patentkeller die Inhaltsbestimmung der b
Fässer mit dem Visirstab, wegen der dadurch verursachten Bewegung d
des Weins, und der deßfallsigen nachtheiligen Folgen für denselben
unstatthaft, so muß die Messung vermittelst der Visirrolle vorge- v
nommen werden. 6