Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Fünfter Abschnitt. 
alle späteren Beobachtungen sich bestätigt hat. Als nämlich 
Hipparch seine Beobachtungen mit den etwa 150 Jahr altern 
des griechischen Astronomen Timocharis verglich, bemerkte er, 
dass zwar die Breiten der Sterne im Ganzen unverändert ge 
blieben waren, die Längen jedoch sämmtlich um 2 Grade zuge 
nommen hatten. Es konnte nicht Sache jenes frühen Zeitalters 
sein, eine genetische Erklärung aufzustellen, man hielt sich also 
vorläufig an die einfache Thatsache und nannte es eine Vor 
rückung (Präcession), welcher Name beibehalten worden ist. 
Man würde vergeblich nach einer Ursache sich Hinsehen, 
welcher das gesummte Heer der Fixsterne, die in den allerver 
schiedensten Entfernungen und Eichtungen gegen unsere Erde 
stehen, veranlassen sollte, sich allesammt um eine gleiche Win- 
kelgrösse (50 1 / 4 Sekunde jährlich), und zwar genau in der Eich 
tling der Ebene der Erdbahn, fortzuschieben, und es ist 
leicht einzusehen, dass eine viel einfachere Annahme zur Er 
klärung ausreicht: man lasse nämlich den Anfangspunkt 
der Zählung sich nach rückwärts schieben, so werden gleich- 
■ falls alle Längen grösser, und keiner der Sterne hat seinen 
Ort verändert. 
Dieser Anfangspunkt unserer Zählung ist aber der Durch 
schnittspunkt des Erdäquators mit der Ebene der Erdbahn, 
und das Phänomen ist also wesentlich eins mit dem, was wir 
oben als Zurückschieben der Knoten bezeichnet haben. Wäre 
die Erde eine entweder absolut oder doch in Beziehung auf ihre 
einzelnen Schichten homogene Kugel, so würden alle Anziehungen 
welche sie von irgend einem ausserhalb befindlichen Körper er 
fährt oder auf diesen ausübt, so gedacht werden können, als 
wären sie im Mittelpunkte der Kugel vereinigt. Allein die Erde 
ist ein Sphäroid, dessen kleine Axe (die Eotationsaxe) gegen 
die Ekliptik unter einem schiefen Winkel geneigt ist. Man nehme 
aus diesem Sphäroid die grösstmöglichste Kugel heraus, so bleibt 
eine Schale übrig, deren Dicke an den Polen gleich Null ist 
und am Aequator ein Maximum (3 geogr. Meilen etwa) erreicht, 
und die sich also nahe so verhalten wird, wie ein den Aequa 
tor der Kugel umgebender E i n g. Dieser Eing nun macht in 
nerhalb 24 Stunden einen Umlauf, bei welchem er von dem 
Monde, der Sonne und andern störenden Körpern (die sämmt 
lich nahezu in der Ebene der Ekliptik stehen) eine Störung 
erleidet, ähnlich der, welche wir §. 75. betrachtet haben, und 
deren Wirkung also darauf hinauskommt, dass die Punkte, in 
denen Aequator und Ekliptik sich schneiden, rückwärts ge 
schoben und früher erreicht werden, als ausserdem geschähe. 
Vermöge dieses Eückwärtsschiebens, welches jetzt jährlich
	        
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