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Sechster Abschnitt.
a und h noch ein Raum von einigen Bogeuminuten fehlt, weil
der Mond an dieser Stelle den Sonnenrand ganz verdeckt, so
bemerkt man, und zwar im Dämpfglase des Fernrohrs, einen
zarten röthlichen, zwischen a und h längs des Mondrandes sich
erstreckenden Lichtbogen, auf welchem sich die dunklen Rand
berge des Mondes in derselben schönen Deutlichkeit zeigen als
auf der Sonnenscheibe selbst. Der Umstand, dass dieses Licht
noch im Dämpfglase wahrgenommen wird, deutet auf eine sehr
bedeutende Intensität desselben; zugleich ist es klar, dass es
nicht vom Monde herrühren kann, denn dieser wendet uns seine
dunkele Seite zu, und selbst der erleuchtete Mond kann am
Tage im Dämpfglase nicht gesehen werden. Am ausführlichsten
und gründlichsten beschreibt dieses Phänomen Bessel, der es
während der grossen Sonnenfinsterniss am 15. Mai 1836 selbst
zu beobachten die seltene Gelegenheit hatte (Schumacher’s Astron.
Nachrichten S. 320); ausserdem ist es, bei dieser und andern
Finsternissen, von Fischer in Apenrade, van Swinden und Greve
in Amsterdam, Horner in Zürich, Lindener in Glatz u. A, wahr
genommen; Stöpel in Tangermünde glaubte (7. September 1820)
den erwähnten Lichtstreifen orangefarbig zu sehen.
Wenn die Finsterniss total wird, so bedarf man des Dämpf
glases nicht mehr, und alsdann zeigt sich eine Erscheinung,
welche alle Beobachter in Staunen gesetzt hat, und die nur be
dauern lässt, dass die Gelegenheit, sie zu sehen, so überaus
selten ist (zwischen 1705 und 1887 kommt für Berlin keine
totale Sonnenfinsterniss vor, und wie manche wird noch durch
ungünstige Witterung vereitelt!) und so kurze Zeit dauert (die
grösstmöglichste Dauer ist etwa 6 Minuten). Ein leuchtender
Ring von grosser Breite und Intensität bildet sich rings um
den Mond herum, und verbreitet so viel Helligkeit, dass es
während der totalen Finsterniss kaum dunkler ist, als kurz vor
oder nachher, Boioditch, Ferrer und Adams beobachteten ihn in
Nordamerika an verschiedenen Orten während der Finsterniss
vom 16. Juni 1806. Ferrer setzt den Ring sogar 40' bis 50'
breit. Ulloa, der auf einer Seereise (24. Juni 1778) zwischen
Terceira und Cap St.Yincent eine totale Sonnenfinsterniss beob
achtete*), sah einen starkglänzenden Ring, der sich schnell im
Kreise „wie ein um einen Mittelpunkt laufendes Kunstfeuer“ zu
bewegen schien. Sein Licht ward desto blendender und stärker,
je näher die Mitte der Finsterniss kam, und er war um diese
Zeit 1 / (i des Monddurchmessers, also 5' 30" breit. Nach allen
Seiten verbreiteten sich von diesem Kreise aus Lichtstrahlen,
*) Sein Brief an die Königl. Akademie der "Wissenschaften zu
Berlin.