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Sechster Abschnitt.
Summe sämmtlicher Radienvectoren, wenn man sie in gleichen
Distanzen durch die Peripherie vertheilt. Allein von dieser
ist vn oder die Kraft, womit die Erde angezogen wird, abhängig,
und jeder Umstand, der m verändert, verändert auch nothwen
dig den mittlern Mondabstand, wie wir oben gesehen haben.
Daraus erklärt sich die obige Bemerkung, dass in der Vorzeit
jener Abstand und mithin auch die Umlaufszeit des Mondes
grösser war, als gegenwärtig.
Die Variation entsteht dadurch, dass die Richtung,
nach welcher die Sonne auf Erde und Mond wirkt, mit der
vom Monde zur Erde gehenden einen schiefen Winkel macht,
dadurch entsteht nicht sowohl ein directes Nähern und Ent
fernen, sondern vielmehr ein Vor- und Rückwärtsschieben des
Mondes in Bezug auf seinen ungestörten Ort, welches in den
4 Cardinalpunkten der Mondbahn verschwindet, in jedem der
4 Octanten sich aber wiederholt.
Schwieriger ist die Erklärung des Umstandes, dass das
Perigäum vorwärts rückt. Erinnern wir uns aber, dass die
Form der Bahn von dem Verhältnisse der (durch die Bahn
bewegung erzeugten) Tangentialkraft zur Centripetalkraft ab
hängt, so ergieht sich, dass ein geändertes Verhältnis beider
Factoren auch die Gestalt oder Lage der Bahn ändern muss.
Jede Bahn wird, wie auch dieses Verhältnis ursprünglich be
schaffen gewesen sei, ein Kegelschnitt werden; kommt aber
von aussen eine Störung hinzu, wodurch eine der beiden
Kräfte, beziehungsweise zur andern, vermehrt oder vermindert
wird, so wird auch z. B. die Ellipse sich ändern müssen.
Wird die Centripetalkraft vermindert, so nähert sich der um
laufende Körper langsamer seinem Centralkörper. Er wird
folglich, wenn er vom Punkte seines kleinsten Abstandes an
einen Bogen von 360° zurückgelegt hat, noch nicht dahin ge
langt sein, diesen kleinsten Abstand wieder zu gewinnen, sondern
noch einen gewissen Bogen, der von der Grösse der Störung
abhängt, zurücklegen müssen: das Umgekehrte fände statt, wenn
die Centripetalkraft in Folge der störenden Einwirkung sich
vermehrte. Wir haben oben gesehen, dass die Evection des
Mondes in einer wechselweisen Vermehrung und Verminderung
der Centripetalkraft bestehe, dass aber die letztere überwiege.
Es wird also der angeführte Fall hier seine Anwendung finden;
der Mond wird längere Zeit bedürfen, sein Perigäum zu er
reichen, als ein wahrer Umlauf erfordert; das Perigäum (und
damit nothwendig die ganze Apsidenlinie) rückt also vorwärts.
Noch ist des Rückwärtslaufens der Knoten zu gedenken.
(Fig. 46.) Man denke sich die Ebene der Ekliptik senk-