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Sechster Abschnitt.
§. 110.
Die Voraus berechnung dieser Erscheinungen — eben so
wie ihre Rückwärtsberechnung, zu welcher letzteren die histo
rischen Forschungen häufig Veranlassung geben — setzt eine
genaue Kenntniss des Laufes der Erde und des Mondes voraus.
Sind aus den Elementen dieser Bahnen die Sonnen- und
Mondsörter für so viel Zeitpunkte berechnet, dass man aus
ihnen durch Zwischenberechnung (Interpolation) auf bequeme
und einfache Weise den Ort für jede verlangte Zeit ableiten
kann, so wird es darauf ankommen, die Zeitpunkte zu suchen,
wo beide Himmelskörper ganz oder nahezu entweder einander
gegenüber stehen (für Mondfinsternisse), oder denselben Ort
am Himmel einnehmen (Sonnenfinsterniss). Ein völlig ge
naues (centrales) Zusammentreffen würde erfordern:
Für Mondfinsternisse: das Zusammenfallen des Vollmondes
mit einem der beiden Mondknoten;
Für Sonnenfinsternisse: das Zusammenfallen des Neumondes
mit einem der beiden Mondknoten.
Indess haben die hier in Betracht kommenden Körper
so beträchtliche scheinbare Durchmesser, dass ein ziemlich
weiter Spielraum zu beiden Seiten der Mondknoten übrig bleibt,
innerhalb deren der Voll- und Neumond noch Finsternisse be
wirken können. Es bezeichne
r den Mondhalbmesser,
p die Mondparallaxe,
q den Sonnenhalbmesser,
Tt die Sonnenparallaxe,
so ist der Halbmesser des Erdschattens an der Stelle, wo der
Mond hindurchgeht, annähernd gegeben durch
V _J_ a _
Soll nun eine totale Mondfinsterniss erfolgen, so muss
zur Zeit des Vollmondes die nördliche oder südliche Breite
des Mondes kleiner sein als die Grösse
p -j- n — q — r,
und für eine partiale Mondfinsterniss genügt es, wenn
die Breite kleiner ist als
P -\~ H r Q.
Damit für irgend einen Ort auf der Erde eine totale