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Sechster Abschnitt
Almagestum Novum. 40 Jahre später folgte Dom. Cassini, hierauf
Lahire mit einer sehr grossen (11 Fuss Durchmesser), die aber
nur im Manuscript vorhanden ist; auch noch andere weniger
bekannt gewordene Versuche fallen in diese Zeit: jedoch blieb
HeveVs Mondkarte länger als 100 Jahre hindurch die beste.
Erst Tob. Mayer in Göttingen gab uns eine kleine, aber höchst
sorgfältig nach wirklichen Messungen gezeichnete (alle früheren
waren nach dem Augenmaasse entworfen) — und diese blieb
wieder die Hauptquelle bis auf die neuesten Zeiten hin. Denn
weder Lalande's emendirte Gassinische, noch Lamhert's, Rost's,
HelVs und andere Mondkarten, die überdies nur auf wenigen
oder auch gar keinen eigenen Beobachtungen beruhten, kön
nen mit Mayer's Arbeit verglichen werden; selbst Schröter's mit
dem ausharrendsten Fleisse, aber leider ohne festen Plan aus
geführte specielle Zeichnungen führten uns nur scheinbar weiter.
So zahlreich sie sich in seinen selenotopographischen Frag
menten auch finden, so lässt sich doch nur wenig Gebrauch
von ihnen machen, und Schröter's Arbeiten beweisen, dass man
selbst bei dem reinsten und glühendsten Eifer für Naturwissen
schaft, und ausgerüstet mit schönen und reichen Hülfmitteln,
dennoch den wahren Gesichtspunkt verfehlen und ein falsches
Ziel im Auge haben könne! Schröter spürte den p h j s i s c he n
Veränderungen auf der Mondfläche nach und bezog alle
seine Wahrnehmungen einseitig nur auf diese; während jeder
Unbefangene sich sagen muss, dass an ein Erkennen solcher
Veränderungen, wenn überhaupt, doch jedenfalls erst dann ge
dacht werden darf, wenn die feste, bleibende Grundlage,
so genau als unsere Mittel es irgend gestatten, erforscht, dar
gestellt und beschrieben ist. Und eine solche Darstellung gab
er uns nicht allein durchaus nicht, sondern er erklärt aus
drücklich in seiner Vorrede, dass er sie für ganz unnöthig
halte — weil ja jeder, der ein Fernrohr besitzt, sich den Mond
ansehen könne!
Schröter hat gleichwohl der Wissenschaft manchen Dienst
geleistet — allein wie viel mehr hätte er leisten können
und bei seiner Beharrlichkeit und uneigennützigen Hingebung
auch zu leisten verdient! Ehren wir sein Andenken, doch
ahmen wir sein Beispiel nicht nach.
Wilhelm Gotthelf Lohrmann in Dresden ging mit Sachkennt
nis und richtiger Einsicht an die schwierige Arbeit, die Mond
fläche graphisch darzustellen; seine ersten 4 Blätter (etwa 1 /,,
des Areals der sichtbaren Mondhalbkugel darstellend) erschienen
1824 und übertrafen bei weitem alles Frühere durch höchst
sorgfältige Detaillirung, schöne und nach richtigen Prinzipien
entworfene Zeichnung und Genauigkeit der Angaben. Leider