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Sechster Abschnitt.
gemacht, indem man sie bald für Bergketten, bald für Lava-
ströme hielt. Beides ist durch das Obige vollständig wider
legt; allein es ist schwer, eine genügende Erklärung zu geben.—
Nimmt man an, dass der Mond seine Oberflächengestaltung
durch Ausbrüche erlangt habe, so ist leicht zu erachten, dass
nicht alle derselben vom Centrum ausgingen und rechtwinklich
auf die Oberfläche trafen, sondern häufig auch unter schiefen,
ja sehr kleinen Winkeln. Denkt man sich einen vielleicht
stark erhitzten Gasstrom nahe unterhalb der Oberfläche hin
streichend, so wird er die innere Struktur derselben, und
folglich auch die Beflexionsfähigkeit derselben verändern (ver
kalken oder verglasen?) und diese Veränderung wird eine
bleibende sein, die selbst durch nachherige Umwälzungen und
Ausbrüche nicht wesentlich betroffen wird. Vielleicht zogen
solche Ströme von allen Seiten einer einzigen grossen Esse
zu, die sich ihnen an der Stelle des jetzigen Binggebirges
darbot. Diese Hypothese, wiewohl sie bei weitem nicht alle
Schwierigkeiten hebt — was aber bei einer Topographie
fremder Weltkörper auch nie erwartet werden kann — dürfte
wenigstens vor denen den Vorzug verdienen, die einen Zustand
der Dinge voraussetzen, wie er gewiss nicht auf dem Monde
besteht, noch je bestanden hat.
§. 122.
Ueherblicken wir alles bisher über unsern Nebenplaneten
Gesagte, so wird sich die Antwort auf die oft angeregte Frage
nach den Bewohnern des Mondes, wenigstens einigermaassen
geben lassen. Es ist, allgemein genommen, im höchsten Grade
wahrscheinlich, dass nicht der Mond allein, sondern jeder
Weltkörper lebende Bewohner habe, da einerseits gar kein
Grund abzusehen ist, mit welchem die Erde einen so ungemeinen
Vorzug ausschliesslich in Anspruch nehmen könnte; andrerseits
von der Weisheit des Schöpfers erwartet werden kann, dass
alle seine Werke die möglichst höchsten Zwecke erfüllen.
Wo wir also Einrichtungen getroffen sehen, welche Bewohner
möglich machen, können wir diese auch als wirklich an-
nehrnen, und zugleich versichert sein, dass jeder Weltkörper
mit solchen Bewohnern versehen sei, die seiner Naturbeschaffen
heit angemessen sind und sich auf ihm ihres Lebens erfreuen
können.
Mit dieser allgemeinen mehr ethischen als astronomi
schen Beantwortung will man sich indess nur höchst ungern
begnügen: man möchte eine möglichst specielle Auskunft
über den Organismus, die Lebensweise, die physischen und