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Erster Abschnitt.
zu lernen. Uebrigens begnüge man sich für den Anfang mit
Sternen der 3 (höchstens 4) ersten Grössen, die sich auch in
der Dämmerung oder bei nicht ganz heiterem Himmel schon
unterscheiden lassen.
Für Bewohner mittlerer nördlicher Breiten, also z. B.
für sämmtliche Europäer, wäre etwa folgender Gang einzu
schlagen.
Man merke sich vor allem den Polarstern, dessen Glanz,
isolirte Lage und ünverrückbarkeit (wenigstens für den freien
Anblick*) ihn zum Normalstem qualificirt. Eine durch die bei
den Hinterräder des sogenannten Wagens (grossen Bären) ge
zogene und um das sechsfache verlängerte Linie trifft auf den
Polarstern, der zugleich der letzte im Bilde des kleinen
Bären ist. Bezogen auf den Polarstern, erblickt man dem
grossen Bären gegenüber die mit 5 Sternen in Form eines flachen
W glänzende Cassiopeja, und seitwärts, nahe rechtwinklicht
auf der Linie vom grossen Bären zur Cassiopeja, die beiden
glänzendsten Sterne des nördlichen Himmels, Wega (Haupt
stern der Leyer) und Capella (Hauptstern des Fuhrmanns).
Diese 4 für Berlin und alle Gegenden nördlich des nörd
licher Breite nicht untergehenden, den Polarstern in einer wei
ten Ellipse umgebenden Sternbilder wird man in jeder Nacht
mit Leichtigkeit wieder erkennen, und durch sie einige zwischen-
liegende von geringerem Glanze, wie den Drachen, Cepheus
u. a. — Eine Linie vom Polarstern über die Mitte der Cassio
peja führt beiläufig auf den Punkt des Himmels, der vor
3000 Jahren der Frühlingsnachtgleichenpunkt war und am An
fänge des Widders liegt. Um den gegenwärtigen Früh
lingspunkt zu treffen, muss man die Linie vom Polarstern über
den westlichsten Hauptstern der Cassiopeja ziehen und sie dann
etwa noch zwei Mal so weit verlängern, sie trifft dann diesen
Punkt im Bilde der Fische. Ueber den Fuhrmann hinaus liegt
der Stier, wo man die Hy a den und Pie ja den**) als leicht
unterscheidbare Sterngruppen vorfindet, und diesem zunächst
gegen Osten die Zwillinge. Vom Polaris aus über den grossen
Bären hin trifft man auf den Löwen, gleichfalls leicht erkenn
*) Er steht jetzt nur etwa l 2 / 5 ° vom Pole und wird sich in den näch
sten 300 Jahren ihm immer mehr (bis zu (V, 0 ) nähern. In den Zeiten vor
Alexander M. hatte der jetzige Polarstern noch keinen Anspruch auf
diesen Namen.
**) Hyaden bedeutet Regensterne, sowie fPlejaden Schiffer
sterne. Es bezogen sich diese Benennungen bei den Alten auf das erste
’Wiedererscheinen beider Gruppen, welches bei den Hyaden mit dem Ein
tritte der Regenzeit, bei denPlejaden mit derjenigen, welche für die zur
Seefahrt günstigste galt, zusammenfiel.