Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Zehnter Abschnitt. 
Wir erhalten also durch eine Bestimmung dieser Art nicht 
blos einen möglichst bequemen Ausdruck für die Entfernung 
selbst, sondern wir werden auch belehrt, dass das, was wir er 
blicken, sich auf einen Zeitpunkt bezieht, der so und so viele 
Jahre hinter uns liegt, dass folglich der betreffende Körper 
in der angegebenen Vorzeit wirklich, und zwar so, wie wir 
ihn jetzt erblicken, bereits existirte. Lernen wir nun auch 
durch diese Schlussfolge eben so wenig als durch die heraus 
gebrachten Umlaufszeiten das Alter der Welt kennen, so 
gelangen wir doch in jedem bestimmbaren Falle zu einem 
Minimum für dieses Alter, zur Kenntniss der Dauer eines 
Abschnittes der Zeit, während welcher sie bereits existiren 
muss.*) Nach diesen Vorbemerkungen wollen wir nun dem 
Gegenstände selbst näher zu kommen suchen. 
§. 224. 
Unsere Erde nimmt von 6 zu 6 Monaten im Welträume 
Oerter ein, welche um den Durchmesser ihrer Bahn (39 2 / 3 Mil 
lionen geographischer Meilen) auseinanderliegen. Dies ist also 
die grösste Verschiedenheit des Standpunktes, welche wir zur 
Messung anderer Entfernungen in Anwendung bringen können. 
An jedem zu bestimmenden entfernten Punkte werden diese 
Oerter einen von der Entfernung seihst abhängenden Winkel 
einschliessen, und dieser Winkel des Dreiecks ist es, welchen 
wir zu bestimmen haben. Er wird Einfluss auf den schein 
baren Ort des Sternes haben, in der Weise, dass dieser von 
dem Orte aus, den er, von der Sonne gesehen, einnehmen 
würde, stets nach derjenigen Seite hin abweicht, welche dem 
auf die Sonne bezogenen Orte der Erde entgegengesetzt ist, 
und die Bemühungen der Astronomie waren schon früh darauf 
gerichtet, diesen Winkel zu finden. Für diejenigen Zeiten, 
in welchen noch Zweifel an der Richtigkeit des Copernicanischen 
Systems möglich waren, hatten jene Bemühungen noch eine 
eigenthümliche Bedeutung. Die Auffindung der Fixstern 
parallaxen (des eben gedachten Winkels) hätte es gleich 
*) Es schien zweckmässig, die innere Natur dieser Schlüsse, an denen 
Mancher schon einen Anstoss genommen, in möglichst einfacher, ver 
ständlicher Weise darzulegen. Wir wissen es sehr wohl, dass unsere 
hierauf sich beziehenden Daten auf arithmethische Genauigkeit keinen 
Anspruch haben, und dass die Zukunft sehr bedeutende Mängel zu be 
richtigen haben wird. Aber diese Modificationen wird die Wissenschaft 
stets nur sich selbst, d. h. der genaueren Beobachtung und der schärfe 
ren und der tiefer eindringenden Theorie verdanken: durch angeblich 
historische Zeugnisse über das Alter der Weltkörper kann die Wissen 
schaft sich nie auch nur im Geringsten beirren lassen wie jeder Un 
befangene wohl von selbst einsieht.
	        
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