Die Doppelsterne.
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nur dann ein verhältnissmässig eben so grosser Unterschied
der Oberflächen gefolgert werden kann, wenn man die absolute
Leuclitungsfähigkeit der beiden Sterne gleichsetzt, was beson
ders bei verschiedenen Farben sehr unwahrscheinlich ist.
In Betreff dieser Farben sind hier noch einige Bemerkun
gen zu machen.
Mehrere haben die reelle Existenz einer Farbenverschie
denheit bei Fixsternen in Zweifel gezogen und sie auf Rech
nung von Nebenumständen oder der subjectiven Auffassung
gesetzt. Insbesondere hat man für die Fälle, wo der gelbe
(oder rothe) Stern einen blauen oder grünen Begleiter hat,
in den sogenannten Complementarfarben, wie Göthe's Farben
lehre sie darstellt, die Erklärung zu finden geglaubt. Es ist
möglich, dass in einzelnen Fällen der Gegensatz scheinbar
verstärkt wird, aber gewiss wird Niemand, der die Farben
eines Doppelsterns wie y Delphini oder a Herculis einmal
recht ins Auge gefasst hat, der obigen Erklärung als einer
allgemein genügenden beipflichten. Um sich völlig vom Gegen-
theile zu überzeugen, schlägt Struve vor, bei gefärbten Sternen
von hinreichender Distanz den einen aus dem Felde des
Fernrohrs zu bringen. Eine blosse Complementarfarbe des
andern Sterns müsste in diesem Falle verschwinden, was je
doch keineswegs geschieht. — Auch sind die Verbindungen
selbst, wie man aus der obigen Zusammenstellung sieht, viel
zu verschiedenartig, um eine solche Annahme allgemein zu
gestatten.
Man sieht aus dem Bisherigen, dass alle gegenwärtigen
Beobachtungen und Untersuchungen nichts weiter sind und
sein können, als die ersten Anfänge in einer gänzlich neuen
Wissenschaft, die schüchternen Versuche auf einem noch un
betretenen Wege von unermesslicher Länge, der aber mit je
dem gelungenen Schritte belohnender wird, und unserm for
schenden Geiste fort und fort reichere, erhebendere Genüsse
verspricht. Denn unmöglich ist es, dass die kommenden
Zeiten mit den ihnen zu Gebote stehenden Hülfsmitteln nicht
den grössten Fleiss und Eifer auf Erforschung dieses Gegen
standes verwenden sollten, der unsere bisherigen Bemühungen
schon so überreich belohnt hat. Noch ist es zwar nicht mög
lich, den Gang der Forschungen für alle Folgezeiten vorzu
zeichnen. Neue Gesichtspunkte werden sich eröffnen, neue
Fragen aufgestellt, neue Hülfsmittel und Methoden der Beob
achtung in Anwendung gesetzt werden müssen, von denen
jetzt noch Niemand eine Ahnung haben kann; aber dies ist
der Gang aller geistigen Thätigkeit des Menschen. Unseren