Chronologie.
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sein Werk benannte — die alleinige Uhr sammt Kalender
und Wegweiser. Daher darf es uns nicht verwundern, wenn
nicht allein halhkultivirte, sondern selbst ganz rohe Yölker
bei näherer Bekanntschaft eine überraschende Kenntniss des
Firmaments und eine den Europäer in Erstaunen setzende
Sicherheit in den Zeit- und Ortsbestimmungen, welche sie
dieser Kenntniss verdanken , an den Tag legen. Der Mexi
kaner, obgleich er es nicht bis zur Buchstabenschrift gebracht
hatte, errichtete dennoch seine Tempel, bis auf wenige Minuten
Abweichung, nach den Weltgegenden; der Araucane, der
Tahitier und Sandwichsinsulaner, lange bevor europäische
Kultur den Weg zu ihm gefunden, hatte schon den sämmt-
lichen Planeten und den wichtigsten Fixsternen eigene Namen
gegeben, beobachtete das Kreuz des Südens und die Sterne
der Argo auf seinen nächtlichen Zügen durch die pfadlosen
Thäler, und gelangte sicher an sein Ziel, Und selbst in
unsern heimischen Fluren sehen wir oft den Hirten, der bei
Nachtzeit seine Heerde bewacht, der Hülfsmittel leicht ent
behren, welche die Natur der Städte ihm darbieten könnte,
denn der grosse und der kleine Bär, die er besser als mancher
sich hoch über ihn erhaben dünkende Musensohn kennt, sagen
ihm, wann und wohin er sich zu wenden habe.
Und in der That, auch die höchste Vollendung mensch
licher Wissenschaft und Kunst wird nie vermögen, Werk
zeuge darzustellen, die an Regelmässigkeit und Sicherheit des
Gebrauches der grossen Weltuhren gleichkämen, die von einer
höheren Hand gelenkt wird; abgesehen davon, dass selbst der
Grad von Vollendung, dessen ein mechanisches Werkzeug
fähig ist, ohne Hülfe der Himmelsbewegungen weder erreicht,
noch selbst erkannt werden könnte. Die Umdrehung der
Erde um ihre Axe erfolgt mit einer Gleichförmigkeit, der
selbst die allerschärfste Beobachtung noch keine Anomalie hat
abgewinnen können, eben so wenig wie die theoretische Unter
suchung eine dergleichen andeutet; sie ist zugleich durch alle
Jahrhunderte und Jahrtausende hin so constant, dass wir z. B.
fest versichert sind, zu Hipparch’s Zeiten sei der Tag noch
nicht um 1 / 200 Sekunde länger oder kürzer gewesen als ge
genwärtig.*) Der Umlauf der Erde um die Sonne entbehrt
*) Dieses wichtige Resultat, aus welchem La'place ganz folgerecht
den Schluss zieht, dass die Erde im Ganzen seit jener Zeit weder
wärmer, noch kälter geworden sein könne, gewinnt man durch Ver
gleichung der Mondsörter, wie die Finsternissbeohachtungen der Alten
sie ergeben, mit den in unsern Tagen beobachteten, unter Zuziehung der
Elemente der Mondbahn.
Madie r, Popul. Astronomie.
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