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Dreizehnter Abschnitt.
Die Meton’sclie Periode war etwas zu lang, da in 19 Jahren
19 X 365 -f- 5 Tage enthalten waren, etwas über 1 j i Tag zu
viel; Calippus, ein Zeitgenosse des Aristoteles, verbesserte sie
dadurch, dass er eine 76 jährige einführte, aus 4 Meton’schen
Perioden weniger 1 Tag bestehend, wodurch die mittlere Länge
des Jahres auf 365 ^ Tage, genau wie in der Julianischen
Periode, festgestellt wurde. Etwa 300 Zahre v. Ohr. ward
diese Rechnung eingeführt. Eine von Hipparch vorgeschlagene
abermalige Verbesserung der Calippus'’sehen Periode, um sie
mit dem wahren Sonnenjahr (365 T. 5 St. 55 Min. nach
Hipparch) in Uebereinstimmung zu bringen, scheint wenig Be
achtung gefunden zu haben; sie ist wenigstens nie eingeführt
und auch hei der Kalenderverhesserung Julius CaesaJs nicht
benutzt worden. Auch würde sie ihren Zweck nur unvollkommen
erreicht haben, da Hipparcli’s Jahr um 7 Minuten zu lang ist.
Die bekannte vierjährige Periode (Olympiade) diente blos
zur bequemeren Zählung der Jahre und zur Erinnerung an
jene alle 4 Jahre gefeierten Feste; denn zur Ausgleichung des
Mond- und Sonnenjahres kann eine 4 jährige Periode nie gedient
haben, da der Fehler in ihr der grösstmöglichste ist und fast
einen halben Monat beträgt.
Dass die den Griechen benachbarten und sprachverwandten
Völker, namentlich Macedonier und Kleinasiaten sich nach ihrem
Kalender gerichtet, und nur die Monate anders benannt haben,
scheint ausser Zweifel.
§. 289.
Die Zeitrechnung der H e b r ä e r*) könnte allerdings, wenn
man 1. Mos. 7. und 8. zu Grunde legen wollte, bis in die
Zeiten der grossen Fluthen hinauf nachgewiesen werden. Allein
jenes noachische Jahr (von 12 Monaten, jeder zu 30 Tagen)
scheint nach einer späteren Durchschnittsrechnnng angeordnet
zu sein, wie wir häufig auch bei andern Völkern eine solche
ohngefähre Durchschnittsrechnung, die sich durch ihre bequemen
Zahlen empfehlen musste, antreffen; ohne dass wir daraus
schliessen dürfen, dies sei die Form ihres Kalenders gewesen.
Denn 360 Tage bilden weder ein Mond- noch ein Sonnenjahr
und weichen von beiden so stark ab, dass sich eine solche
Periode schon nach wenigen Jahren als unbrauchbar zeigen
*) Bei den meisten Schriftstellern des 16. nnd 17. Jahrhunderts wird
ohne allen Nachweis angenommen, alle Weisheit der Welt stamme von
den hebräischen Patriarchen her, und was sich bei andern Völkern finde,
sei von jenen an diese mitgetheilt. Eine so gänzlich unhistorische Meinung
zu widerlegen ist jetzt allerdings nicht mehr nöthig; allein sie dient zur
Characterisirung jener Zeiten und der Art, wie man damals Wissen
schaft trieb.