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Vierzehnter Abschnitt.
sprachen, auf Wahrheit beruhe und wieviel der Dichtung zuzu
schreiben sei. Viel zu viel Scharfsinn, Zeit und Mühe ist be
reits aufgewandt worden, das Alter des Menschengeschlechts zu
bestimmen, um schliesslich auszumachen, dass hier sich nichts
ausmachen lasse.
Das Gesetzliche und Geregelte in der Wiederkehr der
Jahres- und Tageszeiten musste schon den frühesten vernünftigen
Erdbewohnern sich bemerklich machen und eine, darauf basirte
Zeitrechnung sich als nothwendig darstellen. Ueherall sehen
wir also, dass man damit den Anfang macht, überall aber auch
noch andere Zeitmaasse, grössere wie kleinere, neben diesen
in Gebrauch.
Es gab eine Zeit, wo derjenige für einen Ketzer gegolten
hätte, der nicht alle Weisheit und alle Wissenschaft von Adam
und den andern alten Patriarchen der Hebräer hergeleitet hätte.
Diese sollten ihr Wissen, oder vielmehr nur einen Theil des
selben, den andern Völkern, und namentlich deren Priestern,
mitgetheilt haben, denn den „blinden Heiden“ auch nur die
allergeringste Entdeckung oder Erweiterung der Wissenschaft
zuzuschreiben, konnte man nicht über sich gewinnen. Bis in
das achtzehnte Jahrhundert hinein macht diese Unkritik sich
breit; wir glauben nicht, so etwas jetzt noch ernstlich wider
legen zu müssen, gehen vielmehr zu einer nähern Betrachtung
dessen über, was wir geschichtlich über die Leistungen jener
alten Völker wissen.
Astronomie der Chinesen.
Ungeachtet des von einem tyrannischen Beherrscher,
Schi-hoang-ti, anbefohlenen allgemeinen Bücherbrandes, hat sich
dennoch Vieles in unsere Zeiten hinübergerettet, oder ist durch
diejenigen, welche jene alten Werke auswendig wussten (kein
Volk der Erde lernt so viel und mit solcher Leichtigkeit aus
wendig wie die Chinesen) wiederhergestellt worden. Durch
Gauhil und andere Jesuiten, die vom 16. bis 18. Jahrhundert in
China als Himmelsforscher thätig waren, sind wir mit vielen
dieser Werke bekannt geworden und wäre Alles bekannt und
in neuere Sprachen übersetzt, so würde unzweifelhaft vieles
jetzt noch Bäthselhafte aufgehellt werden.
Von den ältesten Zeiten her war in China die Astronomie
eine Staatsangelegenheit. Den Kaisern, vor allem dem hoch
gepriesenen Yao, der 100 Jahre regierte, werden stets die
Einrichtungen zugeschrieben, welche sich auf Beobachtung und
Berechnung der Himmelsbegehenheiten beziehen, und so streng
hielt man auf Richtigkeit, dass einst zwei Astronomen mit dem
Tode bestraft wurden, weil sie eine Sonnenfinsterniss nicht