Geschichtlicher Ueberblick.
627
die handgreiflichen Uebertreibungen, welche jene Autoren sich
zu Schulden kommen lassen, muss gegen das Ganze des Be
richts misstrauisch machen. Besser verbürgt ist, was die Chal
däer Alexander dem Macedonier mittheilten, nämlich, dass hei
ihnen schon 1913 Jahr lang vor seiner Ankunft der Himmel
betrachtet worden sei. Die Zahl der gleichzeitig als beobachtet
angegebenen Sonnen- und Mondfinsternisse stimmt gut mit
diesem Zeitraum überein, und so wird das Ganze viel glaub
würdiger als jene 432000 Jahre, die ihnen von Andern zuge
schrieben werden.
Die Periode von 19 Jahren, nach welcher sowohl die
Vollmonde als auch im Allgemeinen die Finsternisse auf die
selben Tage des Sonnenjahres wiederkehren, haben sie gekannt
und angewandt. Eine andere grössere Periode ist der Saros
von 600 Jahren, dessen Ursprung man nicht kennt.
Als Hipparch die Umlaufszeit des Mondes schärfer bestimmen
wollte, bediente er sich dazu dreier alten babylonischen Mond
finsternisse, deren älteste in’s 8. Jahrhundert v. Chr. fällt.
Dadurch sind diese 3 Beobachtungen uns erhalten worden; im
Uehrigen wissen wir nichts Specielles, da von den Schriften
der Babylonier nichts auf uns gelangt ist. — Berosus, einer
dieser Astronomen, besuchte Athen und durch ihn wurden die
Griechen mit chaldäischer Astronomie bekannt.
Während in China, Indien und Egypten die Himmels
kunde durch europäische Astronomen in diesen ihren Ursitzen
neu belebt worden ist, kann sich Babylon einer gleichen Gunst
nicht erfreuen. Aber die Verwüstung und Verödung des einst
so fruchtreichen und bevölkerten Euphrat-Thaies ist auch in
der That so zerstörend gewesen, dass ein neu erwachtes Völ
kerlehen hier vielleicht nie wieder Platz greifen wird.
Astronomie der Egypter.
Der Umstand, dass Egypter und Hebräer in so frühe und
sich mehrfach wiederhohlende Berührung traten, und dass die
biblischen Schriftsteller dieses Verhältnisses ausführlich ge
denken, ist Veranlassung gewesen, dass die Erzählungen von
„ egyptischer Weisheit“ sich ununterbrochen durch die Jahr
tausende hinzogen, und, während die andern Culturmittelpunkte
wenig oder gar nicht bekannt waren, dem Nillande ausschliess
lich alles zugeschrieben wurde, was Kunstfleiss und Wissenschaft
hiess. In den bisher betrachteten Gebieten sind alle Bauwerke
der ältesten Zeit entweder spurlos verschwunden, oder nur noch
in Euinen vorhanden; in Egypten hat Vieles sich erhalten und
überzeugt uns durch den Augenschein, dass hier einst ein Sitz
hoher Cultur gewesen sei.
40*