Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Vierzehnter Abschnitt. 
Indess haben die neueren und gründlichen Forschungen, 
namentlich französischer Gelehrten, nicht alles bestätigt, was die 
stereotyp gewordenen Sagen den Bewohnern des Nildelta zu- 
schriehen, und namentlich sind gegen das sehr hohe Alter einiger 
Denkmäler gegründete Zweifel erhoben worden. Immer bleibt 
genug stehen, was uns in den Egyptern eines der ältesten und 
hochcultivirten Völker erblicken lässt; nur dass wir leider 
auch hier den Verlust so vieles Herrlichen beklagen müssen 
und wir uns vergeblich bemühen, so manches Dunkel der 
früheren Zeit aufzuhellen. 
Das strengste Geheimniss trennte das Priestercollegium 
vom Volke, und da dies fortwährend festgehalten ward und 
auch die hieroglyphischen Inschriften, die man bis jetzt ent 
ziffert, uns fast nichts über egyptische Sternkunde lehren, so 
sind wir ungeachtet der grossen Mühe, die man sich mit der 
Vorzeit dieses Landes gegeben, und ungeachtet alles Scharf 
sinnes eines Boekh, Lepsius und Anderer doch nur zu wenigen 
sicheren Eesultaten, und meistens nur zu mehr oder minder 
wahrcheinlischen Conjecturen gelangt. 
Obgleich Seneca die Benennung und Aufzeichnung der 
Gestirne den Griechen, und zwar 1500 Jahre vor seiner Zeit, 
zuschreibt, so ist doch wohl der früheste Anfang der Astrognosie 
bei den Egyptern zu suchen. Der grosse und kleine Hund, 
die Hegen sterne (Hyaden) und Schiffersterne (Plejaden) deuten 
auf Verhältnisse des Nillandes. Doch hat ohne Zweifel eine 
Verbindung zwischen Hellas und Egypten sehr früh bestanden 
und wir haben einen gemeinsamen Ursprung der Constellationen 
anzunehmen. 
Die Zusammenfassung von 12 dieser Bilder in den soge 
nannten Thierkreis ist wohl jüngeren Ursprungs, und man nahm 
dazu diejenigen der bereits vorhandenen Sternbilder, die sich 
ihrer Lage nach dazu am besten eigneten. Hätte diese Absicht 
gleich Anfangs Vorgelegen, so würde man den Bildern nicht 
eine so ungleiche Längenerstreckung gegeben und sie mehr 
symmetrisch gegen die Ekliptik geordnet haben. Auch waren 
es Anfangs nur 11 Bilder, da die Scheeren des Scorpions da 
standen, wo jetzt das Sternbild der Waage steht. Die meisten, 
nur nicht alle alten Sternbilder sind wohl mythologisch zu 
deuten; ein ganzer Mythenkreis, die Bettung der Andromeda 
durch Perseus, ist vollständig an den Himmel versetzt, und 
auch bei den meisten Einzelfiguren ist die Deutung sicher. 
Das Sonnenjahr kannten die alten Egypter: es hatte bei 
ihren 365 Tage und sie erkannten, dass es um 1 / 4 Tag zu kurz 
war, und dass 1461 solcher Jahre nur 1460 tropische dar 
stellten. Daraus ist jedoch nicht zu schliessen, dass der
	        
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