Geschichtlicher Ueberblick.
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Es wäre sicher verdienstlich, die ganze arabische Cultur-
periode in einem Gesammtbilde uns vorzuführen und darzu
stellen, was sie in Astronomie, Geographie, Mathematik, Natur
wissenschaften, Philosophie und Poesie geleistet haben. Doch
scheint unsere Zeit dazu noch nicht vorbereitet genug; viele,
ja vielleicht die meisten ihrer Werke liegen noch in den Pa
riser und anderen Manuscriptsammlungen unedirt und un-
übersetzt, und unsere Aufgabe hat sich auf ihre Himmelskunde
zu beschränken.
Nach den ersten Stürmen, welche durch Streitigkeiten über
die Thronfolge veranlasst wurden, haben wir zu nennen: Harun
al Raschid, Zeitgenosse Karl des Grossen. Er steht an der
Spitze der Reihe von Khalifen, welche fast drei Jahrhunderte
hindurch ihren Ruhm darein setzten, die Wissenschaften zu be
schützen und zu befördern. Bagdad übernahm jetzt die Rolle,
welche einst Alexandria verherrlicht hatte, und die Toleranz,
welche in den besseren Tagen des Islam herrschend war, macht
es erklärlich, dass Christel* Juden und Magier mit dem Moslim
vereinigt in demselben Collegio arbeiteten und gemeinsame
Resultate an’s Licht der Welt förderten. Harun al Raschid’’s
Geschenke, welche er an Karl sandte, mussten wohl das Er
staunen der Franken erregen, denn in Europa vermochte Nie
mand Aehnliches aufzustellen.
Ahnanon, der 814 in seinem 38. Jahre den Khalifenthron
bestieg, trug Sorge, die geretteten Werke der Griechen in’s
Arabische zu übersetzen, namentlich die mathematischen und
astronomischen.
Ein Compendium der Astronomie, dem Titel nach von
mehreren Verfassern, erschien „auf Befehl des Königs Maimon
Alhazen hen Jussuf übersetzte den Ptolemäus in’s Arabische,
und unter den 29 Werken des Alchindi (nach Montucla’s An
gaben) waren mehrere astronomischen Inhalts. — Unter Abul
Mansur wurde die Schiefe der Ekliptik neu bestimmt; die Be
obachtungen in Bagdad gaben 23° 33' 0", die in Damascus
23° 33' 52".
Ilm 860 schrieb Älhumasar eine Introductio ad astrono
miam und ein anderes Werk de magnis conjunctionibus. (Wir
geben die Titel nach der lateinischen zu Augsburg 1488 er
schienenen üebersetzung der arabischen Originalwerke).
Kurze Zeit nachher ward eine Grad messung (geschichtlich
die erste) in der Ebene von Sennaar unternommen. Chalid hen
Äbchdmelik und Ali hen Isa waren die Chefs der damit beauf
tragten Geodäten; ersterer mass einen Grad des Meridians nach
Norden; letzterer von demselben Punkte aus, nach Süden. Auf
ersterer Strecke ergaben sich 56, auf letzterer 56 2 / 3 Meilen
Mädler, Popul. Astronomie. 41