Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Vierzehnter Abschnitt. 
und die Fahrten von Díaz, Gama, Columbas, Cabot und Cabral 
wurden von astronomisch gebildeten Piloten geleitet. Aber noch 
ein zweiter nicht minder wichtiger Yortheil erwuchs aus dem 
neuen Verfahren. Die entdeckten Küsten und Inseln konnten 
jetzt in Kartenbildern niedergelegt und von allen künftigen Ocean- 
fahrern im gesicherten Curse wieder erreicht werden; die Ent 
deckungen hatten fortan bleibenden Werth. Der Zeni und 
Marco Polo hatten viel gesehen, aber was haben sie gesehen? 
Wo sind die Estotiland, Friesland uno Engrove-Land? Noch 
heut weiss man nichts von ihnen, und es wird wohl für immer 
ungewiss bleiben, wo sie zu suchen sind. Fortan ist die Ge 
schichte der Entdeckungen gleichzeitig eine Geschichte des Fort 
schritts der Erdkunde, vermittelt ditrch Himmelskunde. 
Wir haben jetzt Seekarten wie wir Landkarten haben; jede 
Untiefe, jedes Kiff, jeder Strudel ist auf ihnen genau verzeich 
net ; jedes Fahrzeug kann sie leicht vermeiden und woher 
dieses Alles? Nur die Astronomie konnte die Mittel dazu bieten. 
Freilich nur nach und nach gelangte man zu dieser Ueber- 
zeugung. Noch geraume Zeit hindurch gab es Seeschiffer, die 
einzig mit Compass und Logleine Bescheid wussten und die 
Schwierigkeiten der astronomischen Berechnung dadurch zu 
umgehen glaubten; allein die schweren Verluste an Menschen 
leben und Gütern, welche diese Vernachlässigung verschuldete, 
mussten schliesslich auch den Gleichgültigsten überzeugen, dass 
Uhr und Wegweiser auf der Wasserwüste nur am Sternhimmel 
dar geboten sind. — 
Wir treffen noch auf einen letzten Versuch, das täglich 
ungenügender werdende Ptolemäi'sehe System zu retten. Fracastor, 
ein eifriger Himmelsforscher, kehrte zu den Sphären des Eudoxus, 
jedoch ideal gefasst, zurück. Er setzte Kreise auf Kreise und 
brachte mit grosser Mühe ein höchst verwickeltes und dennoch, 
wie sich bald herausstellte, ungenügendes System zu Stande. 
Nicht Aveniger als 70 Cyclen bedurfte er für die Bahnen von sieben 
Weltkörpern. Und Apianus, schon ein Zeitgenosse des Copernicus, 
construirte ein Kunstwerk, Astronomicon Caesareum genannt, avo 
er durch ein System beweglicher Kreisscheiben, die auf ver 
schiedene Ebenen eingestellt waren, den Lauf der Planeten 
darzustellen versuchte. 
Dies waren die letzten Anstrengungen, die so ängstlich 
festgehaltene Kühe der Erde zu sichern. Das sehr kurze Leben, 
AA r as diesen Systemen vergönnt war, steht in keinem Verhältniss 
zu der grossen Mühe, die sie ihren Urhebern gemacht hatten. 
Nicolaus Copernicus ward am 19. Febr. 1473 zu Thorn in 
Westpreussen, das damals unter polnischer Oberhoheit stand, aber 
seine provinzielle Selbständigkeit behauptete, geboren. Sohn eines
	        
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