Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Geschichtlicher Ueberblick. 
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jähriger Arbeit 1604 dahin gelangte, das Opus Palatinum, wie 
er es nannte, erscheinen zu lassen. Die Berechnungen der 
Astronomen (und nicht dieser allein) wurden dadurch nicht 
nur sehr erleichtert, sondern eigentlich erst möglich gemacht, 
wenigstens was die genaue Ausführung betrifft. 
Aber wir müssen ein demüthigendes Eingeständniss machen. 
Die so erfreuliche Thätigkeit, die mit PurbacTs Auftreten in 
der deutschen Astronomie begonnen hatte, die Deutschland eine 
Art von Primat in der Himmelskunde gab und das Ausland 
seine Lehrer bei uns suchen Hess — sie erhielt sich nicht so, 
wie man hoffen durfte. Theologische Zänkereien nahmen die 
besten geistigen Kräfte der Nation in Anspruch; Naturwissen 
schaften und Mathematik traten in den Hintergrund, und die 
Zierden Wittenbergs, Rheticus und Peinhold, verliessen diese 
Universität noch rechtzeitig; sie wären bei längerem Verweilen 
wahrscheinlich vertrieben worden. Nur in Cassel, unter den 
Auspicien des trefflichen Landgrafen Wilhelm IV., förderten 
Rothmann, Christmann und Byrg die Himmelskunde auf der vom 
Fürsten errichteten Sternwarte, die er, bis Regierungsgeschäfte 
es ihm unmöglich machten, persönlich benutzt hatte. Aber sein 
Tod machte auch der Casseler Astronomie ein Ende. 
Bedeutender war jedenfalls die Wirksamkeit Tycho Brahe’s, 
eines dänischen Edelmannes. Seine Familie hatte ihn für 
Jurisprudenz bestimmt, seine Neigung machte ihn zum Astro 
nomen. Eine genau nach der Vorausberechnung statt findende 
Sonnenfinsterniss erregte die grösste Bewunderung des 16jährigen 
Jünglings; er verschaffte sich heimlich Bücher und Instrumente 
und opferte seine Nachtruhe, um unbemerkt zu studiren und 
zu beobachten. Bald musste er wahrnehmen, um wie vieles 
richtiger die nach Copernicus berechneten Tafeln, als die alten 
Ptolemäi 1 sehen mit dem Himmel übereinstimmten und er ward 
der aufrichtigste Bewunderer und Anhänger des astronomischen 
Reformators. Sein Ruf ging vor ihm her; als er aus Deutsch 
land zurückkehrte, ward er aufgefordert den Prinzessinnen des 
dänischen Hofes die Himmelskunde vorzutragen und er unter- 
liess nicht, in diesen die grossen Vorzüge des Copernicanischen 
Systems hervorzuheben. — Friedrich III. schenkte ihm die 
Insel Hveen im Sunde und eine besondere Beihülfe zum Bau 
einer Sternwarte, die damals nicht allein für Europa, sondern 
überhaupt die grösste, prächtigste und am besten ausgerüstete 
war, welche existirte. Tycho gab ihr den Namen Uranienburg 
und sie war gleichzeitig seine eigene, die seiner Familie und 
seiner Schüler Wohnung, so wie chemisches Laboratorium. Im 
Hauptsaale stellte er die lebensgrossen Bildnisse berühmter 
Astronomen auf: Copernicus, den von ihm am höchsten geachteten,
	        
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