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Vierzehnter Abschnitt.
tlieilweise bezahlt, die Rückstände wuchsen an und nie ist er
zu einem gesicherten Wohlstände gelangt. Dazu der Hexen
prozess, den man seiner alten Mutter gemacht hatte. Wer ir
gend Interesse daran hat, möge in Breitscliwerf’s Leben Keplers
das ekelhaft widerwärtige Weibergeklatsch nachlesen, mit dem
meine Feder nichts zu thun haben soll. Kepler intercedete
schriftlich und zuletzt persönlich bei den würtemh er gischen
Gerichten. Allerdings gelang es ihm, das Aergste zu verhin
dern ; sie wurde nicht lebendig gebraten, auch nicht wirklich
gefoltert, sondern nur damit bedroht, aber aus 7jähriger Ker
kerhaft erlöste sie nur der Tod im 76. Jahre ihres gequälten
Lebens.
Kepler war 1630 im Winter nach Regensburg gereist, um
dort den Versuch zu machen, endlich sein rückständiges Gehalt
zu erlangen ; diese Hoffnung schlug gänzlich fehl ; er erkrankte
und starb am 15. Nov. 1630.
Seine erste Frau, Barbara v. Mühleck, war im Wahnsinn
gestorben ; die zweite, Susanna Kettinger, überlebte ihn, so wie
mehrere Kinder. Die selbstverfasste Grabschrift lautet;
Mensus eram coelos, nunc terrae metior umbras,
Mens coelestis erat, corporis umbra jacet.
Das war der Mann, den Neioton seinen Lehrer genannt
hat ! Das war der Forscher, den Undank, Verkennung und
Verdächtigung, sowie Nahrungs- und Familiensorgen aller Art
nicht hinderten, die ewigen Gesetze des Weltbaues zu erfor
schen. Manche haben gemeint, das Sonnensystem müsse eigent
lich nicht das Copernicani’’sehe, sondern das Kepler’sehe heissen.
Wir sind dieser Meinung nicht, denn die Grundlage rührt von
ersterem und die Verbesserung von letzterem her. Noch lieber
würden wir es allerdings sehen, wenn man auch hierin dem
Copernicus gefolgt wäre, der jedesmal, wenn Andere von seinem
System sprachen, rasch entgegnete : „Nicht mein System, son
dern Gottes Ordnung!“
Wir haben zwei Lebensbilder gezeichnet, wie sie in un
seren Tagen sich nicht mehr wiederholen. Wir werden die
Kämpfe nicht abermals zu bestehen haben, die jenen Herren
der Wissenschaft das Leben verbitterten. Die Geschichte der
Himmelsforschung nimmt fortan einen ruhigeren Verlauf; sie
breitet sich aus auch über die Länder, die bisher theilnamlos
zur Seite standen.
Longomontanus, ein Schüler Tycho 1 s, war mit ihm nach
Prag gegangen, hatte dort an den Beobachtungen Theil
genommen, sowie in Gemeinschaft mit Kepler 1607 den Halley 1
sehen Cometen bestimmt. Später ging er nach Dänemark zurück
und übernahm dort eine Professur der Mathematik. ,