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Fünfzehnter Abschnitt.
nuirliches Flammen - Spectrum hervor; eine kühlere Schicht
desselben Gases löscht umgekehrt in durchgehendem weissem
Licht gerade diese Linien aus. In demselben Grade, als ein
Körper, in Gasform gebracht, das Vermögen besitzt, Licht
von bestimmter Wellenlänge zu emittiren, hat er auch die
Eigenschaft, dasselbe Licht zu absorbiren, wenn er eine küh
lere Schicht bildet. Kirchhof hat in seinen klassischen Unter
suchungen über das Sonnenspectrum diesen Fundamentalsatz
auch mathematisch behandelt; hier sind wir auf populärere
Hülfsmittel angewiesen, eine Einsicht in den Vorgang zu er
langen. Zuvor jedoch gleich einige der wichtigsten Aufschlüsse,
welche wir über die physische Beschaffenheit der Sonne ge
winnen.
Der electrische Funke liefert ein vorzüglich bequemes
Mittel, ein Flammen-Spectrum der verschiedensten Metalldämpfe
herzustellen, indem man ihn zwischen Spitzen oder Knöpfen,
welche aus dem zu untersuchenden Metall gefertigt sind, über
springen lässt. Der Funken reisst dabei sehr kleine Theilchen
los, und bildet glühenden Dampf. Koch vorteilhafter und
beliebter ist ein anderes Verfahren: Man bedient sich einer
Geister'sehen Röhre, einer hermetisch geschlossenen Glasröhre,
welche den Dampf oder das Gas in sehr verdünntem, aber
reinem Zustande enthält. An den Enden der Röhre sind zwei
Platindrähte eingeschmolzen, zum Durchleiten eines electrischen
Stroms, welcher das in der Röhre enthaltene Gas leuchtend
macht. (Diese Art des Versuchs ist nebenbei noch dadurch
lehrreich, dass sich hier zeigt, dass es nicht unbedingt des Glü
hens bedarf, um ein Flammen-Spectrum zu erzeugen. Wie
würde sich auch sonst begreifen lassen, dass das Spectrum
des Kordlichts aus hellen Linien besteht, da an eine Glüh-
Temperatur in jenen Regionen gewiss nicht zu denken ist?
Wir werden später auf diesen Punkt zurückkommen.)
Das auf eben angedeutete Weise zu erhaltende Flammen-
Spectrum ist nun leicht mit dem Absorptions - Spectrum zu
sammenzustellen, welches die Sonne, überhaupt die Himmels
körper, zeigen; man kann z. B. die beiden, in raschem Wechsel
alternirend an einer und derselben Stelle hervorrufen und auch
der Ort, wo sich Linien zeigen, durch ein Fadenkreuz mit
Mikrometerschrauhe scharf markiren. Bei solcher Vergleichung
hat sich nun gezeigt, dass die Doppellinie des Katrium genau
mit der Doppellinie I) des Sonnen - Spectrum übereinstimmt.
Von Eisenlinien wurden mehrere Hundert auf der Sonne nach
gewiesen, unter andern ist die Fraunhofer'sehe Linie E im
Grün eine Eisenlinie. Kirchhof, der zuerst 60 Eisenlinien im
Sonnen-Spectrum nachwies, bemerkt, dass man nach den Re