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Fünfzehnter Abschnitt.
Schwingungen an Intensität verloren haben müssen. Denn
sie haben dabei eine gewisse Arbeit geleistet, die unter Um
ständen bedeutend werden kann. Hat man doch beobachtet,
dass Gläser zum Springen gebracht werden können, wenn eine
kräftige Stimme in bestimmter Tonhöhe in dieselben hinein-
singt, Glocken ohne Zutbun ihres Gewichts, bloss durch
ihren Schall, Mauerrisse bervorrufen. Es liegt demnach hier
eine mechanische Leistung vor, und es gilt als oberster Grund
satz in Physik und speziell Mechanik, dass der zu machende
Aufwand an lebendiger Kraft, man könnte auch sagen Ar
beitskraft, nicht gleichzeitig zwei mechanisch von einander
unabhängige Leistungen ausführen kann. Der geneigte Leser
mag gestatten, dies durch ein etwas drastisches Beispiel zu
erläutern, an welchem recht augenfällig wird, zu welchen Ab
surditäten die Verleugnung des eben erwähnten Grundsatzes
von der lebendigen Kraft führen müsste. Es würde nämlich
ausserdem nicht bloss möglich, sondern auch leicht ausführbar
sein, zwei Uhren zu einander in das Yerhältniss zu bringen,
dass sie sich gegenseitig aufziehen, und zwar immer die eine,
zur Hälfte ahgelaufene, aber noch im vollen Gange befindliche,
die andere eben ablaufende; nach 12 Stunden würden die
Bollen vertauscht sein. Man hätte also das perpetuum mobile
sehr einfach und fast ohne allen Aufwand von Erfindung;
aber die Einrichtung scheitert eben an der Geltung des obigen
Satzes von der lebendigen Kraft; denn dieselbe lebendige
Kraft, welche die eine Uhr in Gang erhalten muss, kann nicht
ein Gleiches auch für die andere Uhr leisten, weder mittelbar
noch unmittelbar.
Um hiernach auf unser früheres Thema zurückzukommen, so
übt also die mitklingende Scheibe eine akustische Absorption
aus, und zwar auch eine elective, weil sie eben nur bei dem
bestimmten Tone mitschwingt.
Für die weiteren Schlüsse kommt nun aber wesentlich in
Betracht, dass dieselben Theilchen, welche den Ton der ur
sprünglichen Tonquelle absorbiren, in demselben Grade, als
sie dies thun, selbst eine Tonquelle werden. Nach einem
schon von Huyghens herrührenden vielfach für die Wellenlehre
mit Vortheil angewandten Prinzip ist sogar jedes Theilchen,
welches die Wellenbewegung fortpflanzt, als Ton-, beziehungs
weise Lichtquelle zu betrachten,da kein einziges Theilchen die
Bewegung der Welle oder die ihr entsprechende lebendige
Kraft auf andere übertragen kann, ohne sich von derselben
wenigstens für einen Augenblick selbst angeeignet zu haben,
so findet also, streng genommen, eine momentane Absorption des
Tones resp. Lichtes statt. Diese Art der Absorption unterscheidet