S} ect: al-Analyse.
721
nicht zu denken; dennoch sehen wir ein Flammenspectrum,
wie es eben glühende Gase zeigen, aus mehreren hellen Linien
bestehend. Noch zwingender ist das Leuchten der bekannten
Geisler'sehen Böhren, bei denen wir unmittelbar durch das
Gefühl uns überzeugen können, dass nicht einmal eine wirk
liche Erwärmung, viel weniger eine Erhitzung, im Innern der
Bohre stattfindet. Es ist ausserdem hier aber noch Gelegen
heit geboten, den Versuch in sehr instructiver Weise abzu
ändern und wichtige Erfahrungen zu machen.
Die Geisler'sehen Böhren enthalten, wie den Meisten
unserer Leser bekannt sein dürfte, Gas oder Dämpfe in un
gern ein starker Verdünnung; das Leuchten tritt ein,
wenn ein Inductionsstrom hindurchgeführt wird. Es sind zu dem
Zwecke Platindrähte an den Enden der Bohre eingeschmolzen,
welche aussen mittelst Häkchen an den Leitungsdrähten des
Inductions-Apparates zu befestigen sind. Ganz besonders be-
merkenswerth ist nun Folgendes: Ersetzt man die Bohre durch
eine andere, welche dasselbe Gas, jedoch in weniger verdünn
tem Zustande enthält, so nehmen die dem Gase eigentüm
lichen hellen Spectral-Linien an Breite zu, werden aber auch
gleichzeitig blasser. Bei noch weiterer Steigerung der Dichte
fliessen die verschiedenen Linien in einander über, so dass
ein continuirliches Spectrum entsteht, und endlich, wenn man
mit der Verdichtung fortfährt, werden die Linien so blass,
dass ein Spectrum überhaupt nicht mehr wahrzunehmen ist.
Nunmehr würde erst ein Erhitzen des Gases die hellen Linien
wieder zum Vorschein bringen. — Durch Verdünnen des
Gases werden die Linien schmaler und intensiver, aber bei
fortgesetzter Verdünnung zum Verschwinden schmal, wie es
ja auch schon die Betrachtung erfordert, dass ein Gas un
möglich noch sein Spectrum zeigen kann, wenn es in dem
Baume gewissermassen nicht mehr existirt; denn es befindet
sich nach vollständiger Evacuirung ja in der Bohre auch jedes
Gas in demselben Zustande von Verdünnung, und es müssten
also alle möglichen Gas-Spectra gleichzeitig, oder keins von
allen auftreten.
Die eben erwähnten Erscheinungen erklären sich leicht
aus Dem, was oben über die Kraft gesagt worden ist, mit
welcher die Atome zu ihrer Gleichgewichtslage zurückstreben.
Diese Kraft nimmt nicht nur ab mit zunehmender Wärme,
sondern auch mit zunehmender Dichte eines Gases. Es können
daher die Atome bei sehr geringer Dichte auch ohne hohe
Temperatur Bahnen von grosser Amplitude beschreiben. Bei
zunehmendem Drucke üben die Atome gegenseitig Störungen
ihrer Umlaufszeiten aus; dadurch werden die Spectral-Linien
Mädler, Popul. Astronomie, 46