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Fünfzehnter Abschnitt.
breiter, aber wegen der Zunahme der erwähnten Kraft zugleich
auch weniger intensiv. Bei einem festen Körper erreichen
die Störungen einen so hohen Grad, dass die Lücken in den
Umlaufszeiten ausgefüllt werden.
§ 11-
Ueber das Terhältniss der Atmosphären verschiedener
Oase zu einander.
Man hat atmosphärische Luft der verschiedenen Zonen
und aus verschiedenen Höhen auf ihre Zusammensetzung ver
glichen, ohne darin einen Unterschied wahrnehmen zu können,
jedoch würde sich wegen der verhältnissmässig geringen Höhen,
welche uns zugänglich sind, der Schluss nicht rechtfertigen,
es erstrecke sich das constante Yerhältniss von Sauerstoff und
Stickstoff bis zu den Grenzen der Atmosphäre. Im Gegen-
theil lassen dieselben Betrachtungen, welche eine Grenze der
Atmosphäre als nothwendig erscheinen lassen, auch erwarten,
dass dieselbe für verschiedene Gase oder Dämpfe verschieden
hoch ausfällt. Dem Molekül einer jeden Atmosphäre wohnt
eine Fliehkraft inne, vermöge deren es in den Weltenraum
entweichen würde, träte nicht die Schwerkraft dem hindernd
entgegen. Die Grenze der Atmosphäre ist da, wo die Flieh
kraft oder Spannkraft und die Schwere einander das Gleich
gewicht halten. Bekanntlich ist nun aber die Wirkung der
Schwere auf alle Körper dieselbe, in der Weise, dass z. B.,
den Widerstand der Luft bei Seite gesetzt, ein Stück Blei
nicht schneller fällt als eine Flaumfeder. Die Spannkraft der
Gase und Dämpfe dagegen ist sehr verschieden, daher kann
auch jene Grenze nicht für alle Gase in derselben Höhe er
wartet werden. Die äusserste Atmosphäre der Sonne, welche
bei totalen Verfinsterungen die Erscheinung der sogenannten
Corona veranlasst, zeigt die ihr eigentümlichen hellen Spectral-
Linien, und nur in ihren untersten Schichten, wo sie die so
genannte Chromosphäre durchdringt, treten zwischen denselben
auch die der letzteren, darunter die drei Wasserstofflinien,
auf. Auch bei unserer Erde ist eine sehr dünne äusserste
Atmosphäre, welche über der gewöhnlichen Sauerstoff- und
Stickstoff-Atmosphäre lagert, angedeutet, und schon Poisson
hat eine solche aus gewissen Gründen annehmen zu müssen
geglaubt. Wir werden später bei Besprechung des Nordlichts
auf dieselbe zurückkommen. Vorläufig sei hier nur noch be
merkt , das die Berechnung von correspondirenden Stern
schnuppenbeobachtungen gar nicht selten auf eine Höhe von
gegen 100 Meilen geführt hat, die man allerdings für die be-