Spectral-Analyse.
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Will man den Versuch machen, der Erklärung des Nord
lichts aus der Summe der bisher gemachten Erfahrungen ein
wenig näher zu kommen, so darf man wohl folgende Betrach
tungen wagen:
Besteht die oberste Schicht der Erdatmosphäre aus einem
Eluidum von so engen Beziehungen zum Erdmagnetismus, wie
wir das hei dem Nordlicht wahrnehmen, so wird die Dichtig
keit dieses Fluidums in den verschiedenen erdmagnetischen
Zonen eine sehr verschiedene werden müssen, und sie wird
ausserdem an den Aenderungen des Erdmagnetismus erheblichen
Antheil nehmen. Es kann daher geschehen, dass dieses Flui
dum zu gewissen Zeiten über gewisse Breiten die Dichtigkeit
Null hat, d. h. überhaupt fehlt, unter andern Breiten eine desto
grössere Dichtigkeit besitzt. Wie die Beobachtungen an Geis
ter’sehen Böhren zeigen, haben die Lichterscheinungen eine ge
wisse obere und untere Grenze der Dichtigkeit des Mediums, bei
der sie auftreten und verschwinden. Sie finden ebenso wenig
in merklicher Weise statt, wenn die Dichtigkeit gross ist, als
wenn dieselbe sich der eines Yacuums zu sehr näherte. Hier
nach würde nun vielleicht die Annahme gestattet sein, dass
das Nordlichtsfluidum zu gewissen Zeiten, und zwar um die
Epoche des Sonnenflecken-Minimum herum nur über einer Zone
von sehr hoher Breite diejenige Dichtigkeit besitzt, welche das
Hervortreten der Lichterscheinungen erlaubt, während zu an
dern Zeiten, um die Epoche des Maximums der Sonnenflecken
diese Dichte des Fluidums wegen geänderter Vertheilung auch
in niederen Breiten vorkommt. Dem bekannten dunklen Seg
ment, über welchem bei einem ausgebildeten Nordlicht die
Strahlen in einem Bogen hin- und herlaufend emporschiessen,
würde eine Kugelschale des Fluidums entsprechen, deren Dich
tigkeit zu gross ist, wenn man diesem Fluidum ein paramag
netisches Verhalten zuschreiben will, wie es z. B, Eisen oder
Nickel besitzen; oder die Dichtigkeit ist zu klein für Licht
erscheinungen , wenn man das Fluidum diamagnetisch, wie
z. B, Wismuth annimmt.
Die hier vorgetragene Hypothese scheint vor andern, auch
vor der von de la Rive den Vorzug zu haben, dass sie wenigstens
einigermassen das sonst so räthselhafte dunkle Segment aus
den Erfahrungen der Spectral-Analyse erklärt, wie nicht we
niger, dass in der Nähe des magnetischen Pols die Krone des
Nordlichts sich an einer Stelle bildet, nach welcher das Süd
ende der Magnetnadel (der Inclinationsnadel) zielt. Dass letz
terer Zusammenhang nicht wohl für andere Breiten mit ganz
anderer Declination und Inclination ebenfalls bestehen bleiben
kann, falls nicht etwa die Krone eine optische Täuschung wäre,
ist leicht zu erkennen.