Wie Leibniz die Diskontierungsformel begründete.
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Verfassers für bestimmte Beweismethoden erklären. Was ihn davon abhielt, sich
mit der üblichen und nächstliegenden Ableitung der Formel
zu geben, und ihn veranlaßte, gewissermaßen einen Umweg einzuschlagen, um
zu derselben Formel zu gelangen, war vielmehr das thema probandum selbst.
Wird nämlich diese Formel aus der Gleichung (18) gewonnen, so tritt
der Zusammenhang der betreffenden Diskontierungsmethode mit dem Prinzip der
Zinseszinsrechnung (oder des zusammengesetzten Zinses) deutlich zu Tage. Leibniz
aber war gerade bestrebt, zu zeigen, daß die auf der Formel | ^
Diskontierungsmethode von dem Prinzip der Zinseszinsrechnung ganz und gar
unabhängig sei 1 ). Er sucht diese Auffassung gleich am Anfang seines Artikels
dem Leser einzuschärfen (oben S. 62) und bringt sie auch in der Überschrift zum
Ausdruck (de interusurio simplice!). Am Schluß des Artikels stellt Leibniz eine
besondere Arbeit über Leibrenten in Aussicht, wo, wie er bemerkt, „interusurio
composito locus est“. In dieser Arbeit 2 ) hält er sich aber bei der Diskontierung
künftiger Leibrentenbeträge an die nämliche Formel (19), so daß es völlig unklar
bleibt, was er mit der Unterscheidung zwischen „einfachem“ und „zusammenge
setztem“ Diskont gemeint haben mag, als er die Meditatio juridico-mathematica
niederschrieb. Verständiger Weise kann diese Gegenüberstellung nur bedeuten,
daß bei der Berechnung des Diskonts das eine Mal der einfache Zins, das andere
Mal der zusammengesetzte Zins, in Ansatz gebracht wird, und während die zweite
Berechnungsweise auf die Formel (19) führt, ergibt sich bei der ersten Be
rechnungsweise:
und zwar aus der Gleichung:
Diesen so einfachen und unzweideutigen Sachverhalt zu verdunkeln, ist
der Zweck des Verfassers der Meditatio gewesen. Denn die Formel (19) sollte
gewissermaßen als konkurrenzlos aus der Betrachtung- hervorgehen, während sie
bei der üblichen Art und Weise, das Problem der Diskontierung zu behandeln,
neben der Formel (20) auftritt.
1) Für den Fall n = i wendet Leibniz die übliche (algebraische) Beweismethode, wenn auch in
zweiter Reihe, an, aber eben deshalb, weil hier der Ausdrack i -j nicht in eine höhere Potenz erhoben
v
zu werden braucht, so daß das Prinzip der Zinseszinsrechnung nicht in Frage kommt.
2) Vgl. oben Fußnote i auf S. 71.