Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential-Rechnung u. s. w. 303
kann 5 hält man an dem ersteren fest, so kann y eine eindeu
tige oder auch mehrdeutige Function vorstellen; in letzterem
Falle entspricht jedem Zweige der Function (56) auch ein
Zweig der Curve.
Die Untersuchung des Laufes einer ebenen Curve kommt
also vom Standpunkte der Analysis zurück auf die Betrach
tung der Änderung einer Function einer stetigen Var iah ein,
die explicite oder implicite gegeben ist, oder auf die Betrach
tung der gleichzeitigen Änderungen zweier solchen Functionen.
Die parametrische Darstellung (1) ist für allgemeine Unter
suchungen die geeignetste. Sie kann aus den beiden anderen
Darstellungsformen gewonnen werden, indem man x einer passend
gewählten Function einer Hilfsvariabein u gleichsetzt, diese in
(2), respective (3) an Stelle von x einführt, wodurch auch y,
explicite oder implicite, als Function von u gegeben ist.
Umgekehrt ergibt sich aus der parametrischen Darstellung
(1) eine der beiden anderen Darstellungsformen, indem man
zwischen den beiden Gleichungen (1) u eliminirt.
Hat man aus der Gleichung oder den Gleichungen der
Curve eine Anzahl zusammengehöriger Werte x/y bestimmt,
so ist damit eine Anzahl von Punkten der Curve gegeben, die
jedoch, wenn sie nicht nahe genug an einander liegen, eine
sichere Vorstellung von dem Verlaufe derselben nicht zu bieten
vermögen.
Genaueren Aufschluss darüber vermittelt der Differential-
quotient von y in Bezug auf x, welcher die Richtung der
Tangente an die Curve in jedem ihrer Punkte anzugeben
gestattet. Sein Vorzeichen lässt erkennen, ob die Curve bei
wachsendem x steigt oder fällt, und seine absolute Grösse
zeigt an, wie rasch dieses Steigen oder Pallen an der betreffen
den Stelle vor sich geht (22, 35).
Zudem ist die Tangente diejenige unter den Geraden,
welche durch den betreffenden Punkt der Curve gehen, der
sich die Curve in der Umgebung des Punktes am engsten an-
schliesst. Um dies zu zeigen, nehmen wir auf der Curve einen
Punkt M(x/y) an und legen durch denselben eine Gerade;
ihre Gleichung sei
(4) — x) + B(t] — y) = 0;