Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential-Rechnung u. s. w. 369
direct ausführbaren Messung gerader Linien zurückleiten muss.
Wir formuliren diese Definition folgendermaassen:
Ein Curvenbogen besitzt dann eine Länge, wenn die Länge
eines von dem einen Endpunkte des Bogens zum anderen ver
laufenden Sehnenzuges einem bestimmten Grenzwerte sich nähert,
sobald die Zahl der Seiten dieses Zuges beständig wächst und
jede einzelne Seite der Grenze Null zustrebt; dieser Grenzwert
soll als Länge des Curvenbogens erklärt werden.
Der Nachweis, dass der Grenzwert besteht, sobald gewisse
Bedingungen erfüllt sind, fällt in das Gebiet der Integral
rechnung. Wir nehmen für die Curven, welche wir in Betracht
ziehen werden, diesen Grenzwert als vorhanden an.
148. Es sei
(1) V = f{ x )
die Gleichung einer gegebenen, auf rechtwinklige Coordinaten
bezogenen Curve MC, Fig. 65; die Länge s des Bogens M 0 M,
welcher von einem festen Punkte M 0
und einem variablen Punkte M mit
der Abscisse x begrenzt wird, ist eine
eindeutige Function von x:
(2) s = F(x) .
Obwohl wir diese Function nicht
kennen, sind wir im Stande, ihren
Difierentialquotienten in Bezug auf x
auf Grund der Gleichung der Curve zu bestimmen.
Angenommen, der Abscisse x -f- h — OP' entspreche der
Punkt M' der Curve und der Bogen MM'—Zs sei einförmig
gekrümmt in dem Sinne, dass er seine concave Seite be
ständig nach derselben Seite wendet. Construirt man in den
Punkten M und M' die Tangenten MT und MT', so be
grenzen diese mit der Sehne MM' ein Dreieck MM'Q, und
nach einem Satze des Archimedes gilt
MM' <Zs<MQ -f QM’-
da ferner MQ -f- QM'< MR' R'M', so ist in verstärktem
Maasse
MM'< Zs < MR'+ R'M'.
Czuber, Vorlesungen. I.
Fig. G5.
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