Full text: Vorlesungen über Differential- und Integral-Rechnung (1. Band)

Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential-Rechnung u. s. w. 381 
ln zusammengehörigen Funkten der Evolute und der gegebenen 
Curve haben die Functionen, welche den Bogen der ersteren und 
den Krümmungshalbmesser der letzteren ausdrücken, dem Betrage 
nach gleiche Differentiale, bei demselben Differential der unab 
hängigen Variabein. 
Von den beiden Vorzeichen gilt das obere oder untere, 
jenacbdem s 0 und p in gleichem oder im entgegengesetzten 
Sinne sich ändern. 
So lange ein und dasselbe, z. B. das positive Vorzeichen 
gilt, können sich die Functionen s 0 und p nur um eine Con- 
stante unterscheiden (37); also ist dann 
s o = 9 + c 5 
wendet man diese Gleichung auf den An 
fangspunkt Sl t der Zählung für die Bögen 
der Evolute an, welchem auf der gegebe 
nen Curve C, Fig. 69, der Punkt M i mit 
dem Krümmungsradius p x entsprechen 
möge, so lautet sie 
0 — i>i + c 
und gibt in Verbindung mit der obigen 
(18) * 0 = 9 — 9i • 
Hiernach ist ein Bogen H x H der Evolute gleich der Diffe 
renz der in seinen Endpunkten endigenden Krümmungsradien 
M 1 H l , MH der gegebenen Curve, vorausgesetzt, dass der Krüm 
mungsradius von M x bis M in gleichem Sinne sich ändert. 
Weil die Bestimmung von p nur Differentiationen erfor 
dert, so ist es zufolge der Beziehung (18) möglich, einen be 
liebigen Bogen der Evolute einer gegebenen Curve blos mit 
Hilfe der Differentialrechnung zu bestimmen. 
Auf die durch (18) ausgedrückte Eigenschaft gründen 
sich die Namen Evolute und Evolvente. Befestigt man näm 
lich einen biegsamen nicht dehnbaren Faden von der Länge 
p = MH mit dem einen Endpunkte in H, legt ihn an den 
Bogen ßflj so an, dass er ihn bei H x in tangentialer Rich 
tung verlässt, so kommt der andere Endpunkt des Fadens nach 
M x . Wird nun der Faden bei fortwährender Spannung von 
der Curve H X H abgewickelt, so beschreibt sein freier End- 
Fig. 69.
	        
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