Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential-Rechnung u. s. w. 469
zu einer scharfen Kante; ein ebener Schnitt wie PMP' be
steht demgemäss aus zwei Ästen, welche sich im Punkte M
der Rückkehrkante zu einer Spitze verbinden.
Ihren Namen haben die abwickelbaren Flächen auf Grund
der folgenden Eigenschaft erhalten. Wenn der Punkt M sich
stetig auf der Curve C be
wegt, so vollführt die zu
ihm gehörige Osculations-
ebene auch eine stetige Be
wegung und wälzt sich auf
der abwickelbaren Fläche, sie
beständig berührend; dabei
nimmt sie nach und nach
alle geradlinigen Erzeugenden
und somit auch alle Punkte
der Fläche in sich auf. Stellt
man sich vor, dass jeder Punkt
der Fläche in dem Augen
blicke, wo er in die sich wälzende Tangentialebene zu liegen
kommt, auf ihr haften bleibt, so wird diese Ebene nach und
nach die ganze Fläche in sich aufnehmen und zwar so, dass
dabei keine Faltungen und Dehnungen, sondern nur Biegungen
erfolgen und daher alle Linien, die vordem auf der Fläche
waren, in unveränderter Länge aber in veränderter Form in
die Ebene übergehen. Man sagt dann, die Fläche sei auf der
Ebene abgewickelt. Die Abwicklung bedeckt die Ebene zwei
fach, indem die beiden Mäntel nun übereinander zu liegen
kommen, ihre gemeinsame Begrenzung ist diejenige Curve, in
welche sich die Rückkehrkante bei dem Abwicklungsprocesse
transformirt.
Weil Bogenlängen bei der Abwicklung unverändert bleiben
und weil zwei Tangenten von C in der Abwicklung einen
Winkel einschliessen, welcher die wirkliche Drehung misst,
durch welche die eine Tangente im Raume in die andere über
geführt wird (169), so hat die transformirte Rückkehrcurve in
jedem Punkte eine Krümmung, welche der Flexion der Raum-
curve in dem correspondirenden Punkte gleichkommt. Die
Flexion der Rückkehrkante bleibt also bei der Abwicklung