Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential - Rechnung u. s. w. 521
Der zweiten Erklärung zufolge ist
X _ Y Z
COS 1 COS fl cos V ’
und zwar ist der gemeinsame Wert der drei Quotienten -f-1
oder — 1, jenachdem die positive Richtung der Hauptnormale
mit der positiven oder negativen Richtung der Plächennormale
zusammenfällt. Führt man für die Richtungscosinusse der
Hauptnormale die Werte (173, (11)) ein, so entsteht die Be
ziehung
(17) JL = JL =
v ' d 2 x d*y d*z
ds i ds 2 ds s
und nun ist der Wert dieser Verhältnisse, mit derselben
Unterscheidung, -(- p oder — p, wenn p den Flexionshalb
messer von G in M bezeichnet.
Die Tangentialebene, welche man im Punkte M an die
Fläche legt, enthält die Tangente und die Binormale von 6r;
projicirt man G orthogonal auf diese Ebene, so zeigt die Pro
jection im Punkte M einen Wendepunkt (174), hat hier also die
Krümmung Null; auch diese Eigenschaft ist charakteristisch
für die geodätische Linie.
Das System der Tangentialebenen, von welchen soeben die
Rede war, wird durch eine abwickelbare Fläche eingehüllt; es
ist die der gegebenen Fläche längs G umschriebene Develop-
pable; in Bezug auf G selbst ist es diejenige von den drei
einer Raumcurve zugeordneten Developpabeln, welche wir in
191 als rectificirende Developpable von G bezeichnet haben.
Sie heisse für den Augenblick D. Da die Osculatiöns-
ebene von G in einem Punkte M senkrecht ist auf der Tan
gentialebene von D in diesem Punkte, so spielt G auf der
Fläche D ebenfalls die Rolle einer geodätischen Linie.
Daraus folgt der Satz: Eine geodätische Linie G auf einer
Fläche F ist auch geodätische Linie auf jener Developpabeln,
welche F längs G umschrieben ist.
Zur Erläuterung diene das folgende einfache Beispiel.
Auf einer Kugel ist jeder grösste Kreis eine geodätische Linie;
denn die (Haupt-)Normalen eines solchen sind zugleich Nor
malen der Kugel. Die der Kugel längs eines solchen Kreises
Czulier, Vorlesungen. I. 33**