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Erster Theil. Differential-Rechnung.
Die Existenz eines vollständigen Differentialquotienten an
der Stelle x oder, was dasselbe bedeutet, die Übereinstimmung
des vorwärts genommenen Differentialquotienten mit dem rück
wärts genommenen hat die geometrische Bedeutung, dass sich
die Secanten, welche die Curve rechts von M schneiden, der
selben Grenzlage nähern wie die links von M schneidenden,
dass also die Curve im Punkte M nur eine Tangente besitzt.
Auf die eben ausgeführte Betrachtung gründet sich die Aus
sage, eine Tangente habe mit der Curve zwei vereinigt liegende
Punkte, welche zusammen den Berührungspunkt ausmachen,
gemein.
23. Der begriffliche Inhalt der Gleichung
r f{x-\-h) — fix) rf r \
lim ^ — = f 0);
: + 0
welche den Differentialquotienten von f(x) an der Stelle x
defmirt, ist der, dass die Differenz
fjx + h) —. fjx) _
durch entsprechende Einschränkung von h unter einen beliebig
kleinen Betrag gebracht werden kann; bezeichnet man hier
nach diese Differenz mit s, so ist s eine mit h zugleich un
endlich klein werdende Grösse und
fix -f- K) — f{x) = hf {x) + sh
oder in andern, früher eingeführten Zeichen
(6) Bf(x) = f{x)Bx + s • Bx.
Von den beiden Theilen der rechten Seite wird der zweite un
endlich klein von höherer Ordnung als der erste, sobald f (x)
einen bestimmten von Null verschiedenen Wert hat, da
lim
£ • /ix
— lim
= 0;
j x= ± 0 f'{x)/Jx fix)
das erste Glied ist also der Haupttheil der Änderung Bf ix),
wurde von Leibniz unter dem Namen Differential der Function
eingeführt und mit df(x) bezeichnet. Darnach ist zunächst
bildete bei Leibniz den Ausgangspunkt für die Erfindung der Diffe
rentialrechnung (erste Publication 1684 in den Leipziger Acta erudito-
rum), der er auch den Namen gegeben.